Gesellschafterausschluss ohne Aufsichtsrat trotz Aufsichtsratspflicht

Gesellschafterausschluss ohne Aufsichtsrat trotz Aufsichtsratspflicht

Ein Gesellschafterausschlussbeschluss ist auch dann nichtig, wenn der Bericht des Aufsichtsrates gemäß § 3 Abs 3 Gesellschafterausschlussgesetz nur deswegen fehlt, weil trotz Aufsichtsratspflicht kein Aufsichtsrat eingerichtet ist.

Ein Ehepaar gründete im Jahr 1999 eine GmbH und eine Stiftung. An der GmbH ist die Stiftung mit 99% und die Ehefrau mit 1% beteiligt. Erststifter der Stiftung ist der Ehemann. Nach gewisser Zeit kommt es anscheinend aufgrund der Scheidung zu einem Gesellschafterstreit. Die Stiftung beschließt in der Generalversammlung die Übertragung des Geschäftsanteils der Klägerin auf sich als Hauptgesellschafter nach dem Gesellschafterausschlussgesetz. Die Ehefrau erklärt Widerspruch zu Protokoll und bringt eine Anfechtungsklage gemäß § 41 GmbHG ein. Sie bringt dazu vor, dass vor Beschlussfassung kein Bericht des Aufsichtsrates gemäß § 3 Abs 3 Gesellschafterausschlussgesetz erstattet worden ist. Zwar habe es keinen Aufsichtsrat gegeben, es hätte aber einen geben müssen, da die GmbH mehr als 300 Arbeitnehmer hat. Die beklagte GmbH und die als Nebenintervenientin beigetretene Stiftung bestreiten dies. Da zum Zeitpunkt des Gesellschafterausschlusses kein Aufsichtsrat bestanden hat, habe gar kein Bericht vorliegen können. Außerdem habe die Klägerin das Fehlen des Aufsichtsrates als Gesellschafterin jahrelang toleriert.

Das Erstgericht weist das Anfechtungsbegehren in zwei Rechtsgängen ab. Im zweiten Rechtsgang hebt das Berufungsgericht erneut die Entscheidung des Erstgerichtes auf und trägt zur neuerlichen Entscheidung auf, festzustellen, ob tatsächlich mehr als 300 Mitarbeiter einer GmbH tätig sind. Es lässt den Rekurs an den OGH jedoch zu, da Rechtsprechung zur Auslegung von § 3 Abs 3 Gesellschafterausschlussgesetz bei Fehlen des Aufsichtsrates trotz Aufsichtsratspflicht fehle.

Die GmbH und die Stiftung begehren beim OGH die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der OGH erklärt die Rekurse wegen fehlender Rechtsprechung für zulässig und im Ergebnis auch für berechtigt, allerdings entscheidet er anders als von den Rekurswerbern gewünscht wurde. Er gibt dem Klagebegehren statt und erklärt den Gesellschafterausschlussbeschluss für nichtig.

Laut OGH ergibt sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs 3 Gesellschafterausschlussgesetz, wonach eine Berichtspflicht besteht, wenn eine GmbH einen Aufsichtsrat hat, nicht automatisch, welche Rechtsfolge eintreten soll, wenn eine GmbH keinen Aufsichtsrat hat. Deshalb müsse hier eine Auslegung durch systematische Interpretation erfolgen. Der Bericht des Aufsichtsrates gemäß § 3 Abs 3 Gesellschafterausschlussgesetz diene der Überprüfung der Rechtskonformität des Gesellschafterausschlusses und dem Schutz der Minderheitsgesellschafter. Es widerspreche diesem Zweck, wenn die Berichtspflicht davon abhänge, ob die Gesellschaft über einen eigentlich vorgesehenen Aufsichtsrat verfügt oder nicht.

Auch das Argument, die Klägerin habe die Nicht-Bestellung des Aufsichtsrates geduldet, greift laut OGH nicht. Das Vorliegen einer Aufsichtsratspflicht nach § 29 Abs 1 Z 2 GmbHG (mehr als 300 Arbeitnehmer) ist von der Geschäftsführung zu melden und nicht von der Minderheitengesellschafterin. Der Umstand, dass die GmbH im vorliegenden Fall mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt habe, sei von den Rekurswerbern nicht bestritten worden, wodurch diese Tatsache als zugestanden gelte.

In Übereinstimmung mit der häufigen Lehre stellte der OGH außerdem klar, dass das gänzliche Fehlen eines Aufsichtsratsberichts nicht vom Anfechtungsausschluss des § 6 Abs 1 Gesellschafterausschlussgesetz umfasst ist.

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