Gerichtliche Abberufung eines „unechten“ Fremdgeschäftsführers – Beschlussversuch

Gerichtliche Abberufung eines „unechten“ Fremdgeschäftsführers – Beschlussversuch

Der OGh bestätigt seine aktuelle Rechtsprechung: Vor Einbringung einer Abberufungsklage muss bei einem "unechten" Fremdgeschäftsführer, welcher über eine Holdinggesellschaft indirekt Gesellschafter ist, ein Abberufungsbeschluss versucht werden.

Gegenständlich handelt es sich zwar um einen Amtshaftungsprozess. Dennoch ist die Entscheidung interessant, da sie uns in Erinnerung ruft, wie sich die gerichtliche Abberufung des Fremdgeschäftsführers entwickelt hat, und aufzeigt, weshalb ein unechter Fremdgeschäftsführers, also ein Geschäftsführer, welcher über eine Holdinggesellschaft indirekt Gesellschafter ist, bei seiner Abberufung dennoch als Fremder zu behandeln ist.

Bei der gerichtlichen Abberufung des Geschäftsführers (§ 16 Abs 2 GmbHG) ist zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern und Fremdgeschäftsführern zu unterscheiden.

Beim Gesellschafter-Geschäftsführer muss nicht versucht werden, ihn vorher per Beschluss abzuberufen. Die Klage auf Abberufung wird gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer eingebracht.

Beim Fremdgeschäftsführer muss vorab versucht werden, einen Abberufungsbeschluss zu fassen, wobei ein Umlaufbeschlussversuch ausreichend ist. Kommt der Beschluss nicht zustande, können jene Gesellschafter, die gegen die Abberufung gestimmt haben bzw. sich an der Beschlussfassung nicht beteiligt haben, auf Zustimmung zur Abberufung geklagt werden. Der Fremdgeschäftsführer ist von Amts wegen vom Verfahren zu verständigen und kann diesem beitreten.

Wie sieht es nun mit „unechten“ Fremdgeschäftsführern aus, also mit Geschäftsführern, welche über eine Holdinggesellschaft indirekt Gesellschafter sind?

Durch das IRÄG 1997 wurde in § 16 Abs 2 Satz 3 GmbHG die Möglichkeit zur gerichtlichen Abberufung von Fremdgeschäftsführern aus wichtigem Grund neu geschaffen. Die nur die Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern regelnde Vorläuferbestimmung war nach herrschender Ansicht auf Fremdgeschäftsführer nicht, auch nicht analog, anwendbar. Eine Ausnahme machte die Rechtsprechung, wenn ein Geschäftsführer zwar mangels Beteiligung an der Gesellschaft „formell“ Fremdgeschäftsführer war, wegen der „tatsächlichen wirtschaftlichen Identität“ mit einem Gesellschafter der GmbH aber denselben beherrschenden Einfluss wie der Gesellschafter selbst ausüben konnte. An dieser Rechtsprechung festzuhalten bestand aber nach der neuen Rechtslage unter Rechtsschutzaspekten kein Grund mehr (6 Ob 212/10k).

Soll also ein solcher „unechter“ Fremdgeschäftsführer abberufen werden, ist vorab ein Beschlussversuch erforderlich.

 

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