Keine Zustimmungspflicht bei Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens bei deutscher GmbH

Keine Zustimmungspflicht bei Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens bei deutscher GmbH

§ 179a dt. AktG über die Zustimmungspflicht der Hauptversammlung bei Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens ist nicht analog auf die GmbH anwendbar.

Sachverhalt

Die zwei Gesellschafter einer GmbH beschließen im Dezember 2013 die Auflösung der Gesellschaft. Beide werden zu alleinvertretungsbefugten Liquidatoren bestellt. Im Rahmen der Liquidation planen die beiden Gesellschafter das Betriebsgrundstück der GmbH zu veräußern. Das Grundstück macht einen Großteil des Betriebsvermögens aus. Der Gesellschafter B zeigt gegenüber dem Gesellschafter A selbst Interesse an dem Erwerb des Grundstücks. Dennoch schließt die GmbH vertreten durch den Liquidator A schließlich einen Kaufvertrag mit einem Dritten ab und es wird zu dessen Gunsten ein Auflassungsvormerk eingetragen. Daraufhin bringt die GmbH vertreten durch den Liquidator B eine Klage auf Zustimmung zur Löschung der erfolgten Auflassungsvormerk für das Grundstück gegen den Dritten ein. A habe in Missbrauch seiner Vertretungsmacht gehandelt, da keine Zustimmung der Gesellschafter für den Verkauf vorlag. B habe den Dritten dies auch rechtzeitig mitgeteilt. Jedenfalls habe dieser grob fahrlässig die Augen davor verschlossen, dass A seine Vertretungsmacht missbraucht habe.

Entscheidung der Vorinstanzen

Das Erstgericht gab der Klage statt, da für den Kaufvertrag keine Zustimmung gemäß § 179a dt. AktG vorlag. Der Vertrag sei auch im Außenverhältnis unwirksam. § 179a dt. AktG regelt, dass ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, ohne, dass die Übertragung unter die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes fällt, eines Beschlusses der Hauptversammlung bedarf. Die Zustimmung der Hauptversammlung ist nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls ein Wirksamkeitserfordernis. Das Erstgericht sah eine analoge Anwendung des § 179a dt. AktG auf die GmbH.

Vom Berufungsgericht wurde dies jedoch verneint. Es hob das Ersturteil auf und wies die Klage ab.

BGH-Entscheidung

Auch der daraufhin angerufene BGH sprach sich mit ausführlicher Begründung zu Gesetzesentwicklung und Literatur gegen die analoge Anwendung von § 179a dt. AktG auf die GmbH aus. Die Einflussmöglichkeiten eines GmbH-Gesellschafters auf die Geschäftsführung seien wesentlich höher als die eines Aktionärs auf den Vorstand. Dies bedinge eine geringere Schutzbedürftigkeit des GmbH-Gesellschafters. Außerdem gelte im Handelsrecht grundsätzlich das Prinzip der im Außenverhältnis unbeschränkten Vertretungsmacht der Geschäftsführung. Eine Beschränkung wie in § 179a dt. AktG sei systemfremd und deshalb nicht verallgemeinerungsfähig. Auch der Schutz des redlichen Verkehrs, der durch Einschränkung der Vertretungsmacht beeinträchtigt wird, müsste berücksichtigt werden. Die Gesellschafter der GmbH seien gegenüber weisungswidrigen Vertretungshandlungen der Geschäftsführer über das Institut des Missbrauchs der Vertretungsmacht ausreichend geschützt.

Im konkreten Fall hob der BGH das Urteil trotz Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zur Analogiefähigkeit dennoch auf, da zwar die Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers gemäß § 37 Abs 2 dt. GmbHG gegenüber einem Dritten grundsätzlich keine Wirkung habe, dies aber nicht gelte, wenn der Dritte den Missbrauch der Vertretungsmacht kannte oder sich ihm dieser nahezu aufdrängen musste. Im vorliegenden Fall habe das Berufungsgericht jedoch lediglich geprüft, ob der Dritte von dem Missbrauch wusste. Deshalb sei die Entscheidung zur neuerlichen Entscheidung und Verhandlung, zu der Frage, ob dem Dritten der Missbrauch hätte nahezu aufdrängen müssen, an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.

Rechtslage in Österreich

Der österreichische OGH sieht dies genau anders. Er hat in der Entscheidung 6 Ob 38/18h entschieden, dass § 237 AktG, welcher mit § 179a dt. AktG vergleichbar ist, für die GmbH bei ähnlichen Sachverhalten analog anzuwenden ist. Eine ausreichende Unterscheidung in der Situation bei AG und GmbH war für den OGH nicht erkennbar.

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