Zur grenzüberschreitenden Veräußerung von Anteilen an einer GmbH

Zur grenzüberschreitenden Veräußerung von Anteilen an einer GmbH

Bei der Übertragung von GmbH-Anteilen ist zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft zu differenzieren. Dies muss auch bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts berücksichtigt werden.

Im gegenständlichen Fall machte die Klägerin, Teil einer von einer Privatstiftung aufgebauten Unternehmensgruppe, einen Schadenersatzanspruch geltend. Ihrer Behauptung nach habe der Beklagte, ein Wirtschafts- und Steuerberater und Stiftungsvorstand der Privatstiftung, sie durch arglistige Täuschung ihres Geschäftsführers dazu verleitet, ihre Geschäftsanteile an einer GmbH an eine andere GmbH, beide mit Sitz in Deutschland, abzutreten, woraus ihr ein Schaden entstanden sei.

Die Klägerin brachte insbesondere vor, der Beklagte habe ihren Geschäftsführer über den wahren Wert der Anteile getäuscht und ihn zur Abtretung der Anteile der Klägerin weit unter deren Wert verleitet.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht hielt unter anderem fest, dass die Frage des anzuwendenden Rechts nicht relevant sei, da der Abtretungsvertrag zwischen der Klägerin und der Erwerberin nicht Gegenstand des Rechtsstreits sei. Rechtlich relevant sei vielmehr die Anfechtung dieses Vertrags durch die Klägerin. Diese sei nach österreichischem Recht zu beurteilen. Hingegen sei die Frage, ob den Beklagten eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht getroffen habe, gegebenenfalls, ob er gegen eine solche verstoßen habe, nach dem Gesellschaftsstatut der Gesellschaft, an der die Gesellschaftsanteile veräußert werden sollte, und somit nach deutschem Recht, zu beurteilen. Hinsichtlich der übrigen zur Begründung des Schadenersatzanspruchs geltend gemachten Pflichtverletzungen des Beklagten ergebe sich kein Auslandsbezug.

Entscheidung des OGH

Bei der Übertragung von GmbH-Anteilen ist zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft zu differenzieren (6 Ob 525/89).

Das Verpflichtungsgeschäft ist dem Vertragsstatut unterworfen. Demnach ist das anwendbare Recht nach den Regeln der Rom I-VO zu ermitteln. Der Ausschluss gesellschaftsrechtlicher Materien vom Anwendungsbereich der Rom I-VO greift für schuldrechtliche Geschäfte, die die Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen begründen, nicht.

Das Vertragsstatut bestimmt sich primär nach dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl kann ausdrücklich oder schlüssig erfolgen. Eine konkludente Rechtswahl kann etwa darin liegen, dass sich beide Parteien im Verfahren auf Regelungen einer bestimmten Rechtsordnung für die Beurteilung ihres Rechtsverhältnisses berufen (RS0040169).

Gemäß Art 10 Abs 1 Rom I-VO sind auch Willensmängel nach dem Vertragsstatut anzuknüpfen. Unter welchen Voraussetzungen es zum dinglichen Rechtsübergang an verkauften Gesellschaftsanteilen kommt, fällt hingegen unter die sogenannte Bereichsausnahme des Gesellschaftsrechts gemäß Art 1 Abs 2 lit f Rom I-VO. Diese Frage untersteht somit dem autonomen Kollisionsrecht der lex fori.

Da das Sachstatut des § 31 IPRG nur körperliche Sachen erfasst, ist es nicht auf Gesellschaftsanteile anwendbar. Der dingliche Übergang der Anteile unterliegt vielmehr dem Personalstatut der juristischen Person (6 Ob 525/89).

Die Parteien des Anteilskaufvertrags haben keine Rechtswahl vereinbart. Die Hinterlegung der Gesellschafterliste beim Handelsregister kann im Hinblick darauf, dass es sich um eine dort eingetragene Gesellschaft handelt, nicht als Ausdruck einer Rechtswahl angesehen werden. Die Anknüpfung des Anteilskaufvertrags hat daher nach Art 4 Rom I-VO zu erfolgen.

Im vorliegenden Fall ist nicht die Sonderregel des Art 4 Abs 1 lit a Rom I-VO maßgeblich, weil diese Vorschrift nur Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen, nicht hingegen Geschäftsanteile erfasst.

Gemäß der allgemeinen Regel des Art 4 Abs 2 Rom I-VO ist das Recht jener Partei anzuwenden, die die vertragscharakteristische Leistung erbringt. Die vertragscharakteristische Leistung erbrachte im vorliegenden Fall die Klägerin, die ihre Geschäftsanteile verkaufte. Deshalb ist das Recht der Klägerin, also des österreichischen Rechts anzuwenden.

Für den Beklagten als wirtschaftlichen Erwerber ging es darum, sich der Klägerin als Mitgesellschafterin zu entledigen. Für den Geschäftsführer der Klägerin war entscheidend, dass sich für ihn ein Verkauf als wirtschaftlich vorteilhafter darstellte. Ein besonderer Bezug zu Deutschland ergibt sich aus der dargestellten Motivationslage nicht. Dazu kommt als ergänzender Bezugspunkt zu Österreich, dass der Geschäftsführer der Klägerin vertraglich von seinen persönlichen Haftungen freigestellt wurde. Auf den Anteilskaufvertrag und somit das Verpflichtungsgeschäft ist daher gemäß Art 4 Abs 2 Rom I-VO österreichisches Recht anzuwenden.

Das für den dinglichen Rechtserwerb an den Geschäftsanteilen maßgebliche Recht richtet sich nach dem Personalstatut der Gesellschaft, an denen die Geschäftsanteile veräußert werden sollten. Das ist gemäß § 10 IPRG der Sitz ihrer Hauptverwaltung. Das dingliche Verfügungsgeschäft ist daher nach deutschem Sachrecht zu beurteilen.

15 dGmbHG verlangt sowohl für das Verpflichtungs- als auch für das Verfügungsgeschäft die notarielle Form, wobei beide Geschäfte in einer gemeinsamen Urkunde verbunden werden können. Ein ohne Beachtung der Form geschlossener obligatorischer Vertrag wird durch die formgültige dingliche Abtretung geheilt.

Es war somit von einem formwirksamen Abschluss des Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts des Anteilskaufvertrags unter Einhaltung der Form des § 15 dGmbH für die Übertragung der Geschäftsanteile und daraus folgend von einem zunächst wirksamen Erwerb der Geschäftsanteile durch die Erwerberin auszugehen.

Hinsichtlich der Schadensberechnung stellte im Übrigen bereits das Berufungsgericht die Grundsätze der Schadensberechnung im Weg der Differenzmethode zutreffend dar. Für den Vergleich der tatsächlichen Vermögenslage der Klägerin mit der hypothetischen Lage ohne das schädigende Ereignis auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Unternehmenskaufvertrags durch die Klägerin abzustellen sei.

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