
„Eben“ ist nicht „niveaugleich“ – Zuhilfenahme von ÖNORMEN zur Auslegung von Vertragsklauseln
Nach § 924 ABGB leistet der Übergeber Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe bereits vorhanden sind. Die Mangelhaftigkeit einer Leistung ist dabei immer aus dem konkreten Vertrag zu bewerten. Zur Vertragsauslegung können auch einschlägige Normen und Regelwerke, wie ÖNORMEN verwendet werden, selbst wenn diese nicht direkt Vertragsinhalt geworden sind.
Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit der Errichtung eines behindertengerechten Zubaus zu ihrem Einfamilienhaus. Anschließend begehrte sie für die Behebung eines Mangels EUR 84.440, weil ein ebener Übergang abgemacht worden sei. Die Baufirma hatte zur Ausgleichung des Niveauunterschiedes zwischen Bestandsgebäude und Zubau eine kostengünstige „Rampenlösung“ gewählt.
Vorinstanzen
Das Erstgericht stellte keine Vereinbarung der ÖNORM B1600 fest, sprach aber aus, dass im Vertrag zwischen Klägerin und Beklagter ein „niveaugleicher“ kein „ebener“ Übergang geschuldet sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, dass nicht die ÖNORM B1600 sondern ein niveaugleicher Übergang geschuldet war. Außerdem zog es zur Auslegung des Begriffs „Niveaugleichheit“ die Toleranzgrenzen der ÖNORM B1600 heran.
Oberster Gerichtshof
Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Maßgeblich für den Leistungsinhalt sei primär der Vertrag, und dieser sah „nur“ Niveaugleichheit vor. Was unter „Niveaugleichheit“ zu verstehen ist, kann anhand der ÖNORMEN näher bestimmt werden. Somit war die Rampensteigung von 0,34% (nach Verbesserung) vertragskonform.
Diese Entscheidung steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, wonach technische ÖNORMEN im Zweifel die zu erbringende Regel der Technik abbilden, auch wenn sie nicht explizit vereinbart sind.
Es besteht daher keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, somit wurde die außerordentliche Revision zurückgewiesen.