Aufrechnung Rückforderungsanspruch mit neuem Deckungsanspruch

Aufrechnung Rückforderungsanspruch mit neuem Deckungsanspruch

Mangels Erklärungswerts kann der Einbehalt des Honorars von jenem zugesprochenen Betrag, der seinem Rechtsvertreter überwiesen worden war, nicht die behauptete Aufrechnung des Klägers sein.

Sachverhalt

Der Kläger hat bei der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen.

Der Kläger erlitt bei einem Verkehrsunfall durch einen Traktor Verletzungen. Die Beklagte erteilte ihm die Kostendeckung für die gerichtliche Durchsetzung seiner Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger (Lenker und Halter des Traktors) und den Haftpflichtversicherer in zwei Zivilprozessen. Der Kläger obsiegte im ersten Zivilverfahren und das Gericht sprach ihm Kostenersatz zu. Kosten für drei Schriftsätze des Klagevertreters wurden vom Gericht jedoch nicht honoriert.

Die Beklagte lehnte den Kostenersatz für diese drei Schriftsätze ebenfalls ab und forderte vom Kläger den Rückersatz für die vom Gegner ersetzen und von der Beklagten ausgelegten Barauslagen dieses ersten Zivilverfahrens. Der Kläger anerkannte den von seinem Vertreter begehrten Honoraranspruch samt der drei Schriftsätze und stimmte zu, dass sein Rechtsvertreter das Honorar von jenem Betrag, der diesem infolge der Erfüllung des Urteils überwiesen worden war, einbehält.

Für das zweite Zivilverfahren begehrte der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Pauschalgebühr und eines Sachverständigenkostenvorschusses. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie mit ihrem offenen Rückforderungsanspruch aus dem ersten Zivilverfahren aufrechne und überwies nur einen kleinen Restbetrag an den Kläger. Der Kläger begehrte nun von der Beklagten mit gegenständlicher Klage den Ersatz der Pauschalgebühr und des SV-Kostenvorschusses. Laut Kläger sei eine Aufrechnung nicht mehr möglich gewesen, weil bereits er diese Forderung der Beklagten mit seiner Forderung aufgrund der drei von ihm bezahlten Schriftsätze aus dem ersten Verfahren aufgerechnet hat.

OGH-Entscheidung

Dass die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch für die von ihr im ersten Zivilprozess gezahlten Barauslagen gegenüber dem Kläger hatte, ist im Revisionsverfahren nicht strittig.

Maßgeblich für den Prozessausgang ist laut OGH die Beurteilung, ob der Kläger, der seinem Rechtsvertreter die Kosten für drei im ersten Schadenersatzprozess erstattete Schriftsätze, die vom erstinstanzlichen Prozessgericht rechtskräftig nicht zugesprochen worden waren, gezahlt hatte, seine allenfalls berechtigte Kostenersatzforderung – wie von ihm behauptet, wozu aber aufgrund der Rechtsansicht der Vorinstanzen Feststellungen fehlen – bereits im März 2020 gegen den genannten Rückforderungsanspruch der Beklagten aufgerechnet hat. Wäre dies der Fall, hätte die Beklagte mangels Bestehens ihrer Rückersatzforderung nicht mehr danach mit den klagsgegenständlichen Ansprüchen des Klägers aufrechnen können, wäre doch ihr Rückzahlungsanspruch bereits zuvor durch Aufrechnung mit der Forderung des Klägers erloschen.

Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht kann die im Schadenersatzprozess ergangene Entscheidung über den Prozesskostenersatz zwischen dem Kläger einerseits und dem beklagten Schädiger und dem Haftpflichtversicherer andererseits für die hier nach Maßgabe des Rechtsschutzversicherungsvertrags zu beurteilende Deckungspflicht der am Schadenersatzprozess nicht beteiligten Beklagten keine Bindungswirkung haben. Für die Beurteilung, ob die drei Schriftsätze im ersten Schadenersatzprozess zweckentsprechend, nicht mutwillig waren und dafür eine hinreichende Aussicht auf Erfolg – jeweils im Rahmen einer ex-ante-Prüfung – bestand, wird das Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien jene Feststellungen zu treffen haben, die notwendig sind, um diese Fragen klären zu können.

Weiters wären bei Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs des Klägers für die drei Schriftsätze Feststellungen zu treffen, ob er – wie von ihm behauptet – bereits gegen den (unstrittigen) Rückforderungsanspruch der Beklagten aufgerechnet hat. Der OGH stellt jedoch gleich klar, dass schon mangels Erklärungswerts der Einbehalt des Honorars von jenem zugesprochenen Betrag, der seinem Rechtsvertreter überwiesen worden war, nicht diese behauptete Aufrechnung des Klägers sein kann.

Anmerkungen

Der OGH hat daher die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen und meint, dass dieses Feststellungen zu treffen habe, nach denen beurteilt werden kann, ob die Beklagte die drei Schriftsätze des ersten Schadenersatzprozesses zu decken hat. Stehen ihm diese nicht zu, dann konnte der Kläger keinesfalls wirksam aufrechnen, weshalb er gegen den Rechtsschutzversicherer verlieren wird. Stehen ihm die Kosten zu, muss das Gericht feststellen, ob wirksam durch den Kläger aufrechnet wurde. Ist dies der Fall, dann kann die Beklagte hier nicht mehr aufrechnen. Ist dies nicht der Fall, dann war die Aufrechnung der Beklagten wirksam und der Kläger wird dieses Verfahren verlieren.

Vergleicht man dies mit der Entscheidung 7 Ob 143/20k, wo der OGH ausführte, dass verbindlich nur in einem Verfahren zwischen dem Kostengläubiger und dem Versicherungsnehmer zu klären ist, ob und in welcher Höhe eine Kostenschuld des Versicherungsnehmers besteht, verwundert diese Entscheidung auf den ersten Blick. Die beiden Entscheidungen unterscheiden sich einerseits dadurch, dass im Falle der Entscheidung 7 Ob 143/20k der VN die Kosten seines Anwalts noch nicht bezahlt hat, hier der Kläger die Kosten bereits anerkannt hat. Und andererseits dadurch, dass eine hier vom Kläger behauptete Aufrechnung nur dann vorliegen kann, wenn beide Ansprüche auch bestehen. Was der Grund für die unterschiedlichen Ausführungen des OGH ist, verrät er uns leider nicht.

 

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