Arglistige Täuschung rechtfertigt Rücktritt des Berufsunfähigkeitsversicherers

Arglistige Täuschung rechtfertigt Rücktritt des Berufsunfähigkeitsversicherers

Das absichtliche Verschweigen von früherem Drogenkonsum und einer psychischen Erkrankung beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung stellt eine arglistige Täuschung dar und berechtigt den Versicherer jederzeit zum Rücktritt vom Vertrag.

Sachverhalt

Der Kläger wurde im April 2012 stationär wegen einer psychischen Störung infolge multiplen Substanzgebrauchs (Cannabis, LSD, Kokain) behandelt. Nach Beendigung der Behandlung und einer mehrmonatigen Einnahme von Medikamenten schloss der Kläger im August 2014 eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Beklagten ab. Bei der Antragsstellung wurden relevante Gesundheitsfragen, insbesondere zu Drogenkonsum und psychischen Erkrankungen in der Vergangenheit, unzutreffend verneint. Dem Kläger war dabei bewusst, dass eine wahrheitsgemäße Beantwortung den Abschluss des Versicherungsvertrags beeinflussen könnte. Wären der Beklagten diese Umstände bekannt gewesen, hätte sie den Vertragsabschluss abgelehnt. Im August 2021 trat der Versicherer wegen arglistiger Täuschung zurück.

Der Kläger begehrt die Feststellung des aufrechten Bestehens des Versicherungsvertrages sowie die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente.

Relevante Bestimmungen des Versicherungsgesetzes

§ 163 VersVG (analog)

Wegen einer Verletzung der dem Versicherungsnehmer beim Abschluß des Vertrages obliegenden Anzeigepflicht kann der Versicherer vom Vertrag nicht mehr zurücktreten, wenn seit dem Abschluß drei Jahre verstrichen sind. Das Rücktrittsrecht bleibt bestehen, wenn die Anzeigepflicht arglistig verletzt worden ist.

§ 22 VersVG

Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, bleibt unberührt.

OGH-Entscheidung

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, während es das Berufungsgericht abwies.

Der OGH erörterte, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung, die vom Kläger abgeschlossen wurde, ähnlichen Bedingungen wie Lebens- und Krankenversicherungen unterliegt, wenn es um die Anzeigepflicht bei Vertragsabschluss geht. Aus diesem Grund wird § 163 VersVG, der für die Lebensversicherung gilt, analog angewendet. Danach kann der Versicherer nur binnen drei Jahren nach Abschluss aufgrund von einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vom Vertrag zurücktreten. Diese Frist gilt hingegen nicht, wenn die Anzeigepflicht arglistig verletzt wurde.

Eine arglistige Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 22 VersvG ist nach ständiger Rechtsprechung dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer nicht nur die verschwiegene Tatsache kannte, sondern um die Erheblichkeit dieser Tatsache für den Versicherer wusste. Arglist liegt demnach vor, wenn der Getäuschte absichtlich durch unrichtige Vorstellungen zur Einwilligung in einen Vertragsabschluss gebracht wurde. (7 Ob 136/08p; 7 Ob 119/17a).

Nicht jede bewusste Falschbeantwortung impliziert aber automatisch Arglist im Sinne des § 22 VersVG (7 Ob 119/17a; RS0103030). Vielmehr ist erforderlich, dass der Versicherungsnehmer mit der Absicht handelt, die Entscheidung des Versicherers zu beeinflussen, und sich der Konsequenten einer wahrheitsgemäßen Beantwortung bewusst ist (7 Ob 38/95; 7 Ob 34/16z; RS0080027).

Im konkreten Fall war sich der Versicherungsnehmer bewusst, dass die Information den Abschluss des Vertrags beeinflussen würde, und entschied sich dennoch, sie zu verschweigen, um eine Ablehnung seines Antrags oder erschwerte Bedingungen zu vermeiden. Aufgrund dieser arglistigen Täuschung sah der OGH den Rücktritt des Versicherers vom Vertrag als rechtmäßig an.

Blogbeitrag von Leon Eggenfellner.

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