Wichtiger Grund für Verweigerung der Zustimmung nach § 62 AktG

Wichtiger Grund für Verweigerung der Zustimmung nach § 62 AktG

Wenn es keine gesellschaftsvertragliche Regelung gibt, sind für die Interessensabwägungen nach § 62 AktG der mit der Anteilsübertragung verbundene Einfluss und die Motivlage des Erwerbers relevant.

Sachverhalt

Eine Seilbahn-AG betreibt ein Skigebiet in Kärnten. Zwei Aktionäre möchten ihre vinkulierten Anteile an eine Bieter-GmbH verkaufen. Die Satzung sieht jedoch gemäß § 62 Abs 2 AktG vor, dass für die Übertragung der Namensaktien die Zustimmung der Hauptversammlung mit einer 3/4-Mehrheit notwendig ist. Die Mehrheit für die Zustimmung kommt in der Hauptversammlung aufgrund eines Vetos der Einschreiter (fünf Aktionäre) nicht zustande. Die Antragsteller beantragen daher gemäß § 62 Abs 3 AktG die gerichtliche Zustimmung zum Verkauf.

Laut den Antragstellern lag kein wichtiger Grund für die Verweigerung des Verkaufs vor. Die Aktien seien auch den Mitaktionären angeboten worden. Bei der Bieter-GmbH handelt es sich um den Bestbieter. Die wirtschaftlichen Eigentümer hätten in der Vergangenheit bereits mehrfach Investitionen in das Skigebiet getätigt. Es dringe kein fremder Gesellschafter ein.

Die Antragsgegnerin argumentiert, dass eine Wettbewerbssituation zwischen der Seilbahn-AG und der beim Bewerber mehrheitlich beteiligten Liftgesellschaft besteht. Zwar habe man gemeinsam einen Außenauftritt als Seilbahnpartnerschaft. Bezüglich der Neuerrichtung und Erweiterung von Liftanlagen bestehe innerhalb der örtlichen begrenzten Verhältnisse eine Konkurrenzsituation. Es gebe ein anderes, zwar niedrigeres Angebot eines ausländischen Unternehmens, das einen neuen Kundenstock verspreche. Zudem bestünden persönliche Spannungsverhältnisse zu den Personen in der Bieter-GmbH. Die Unternehmensphilosophie passe nämlich nicht. Der wirtschaftliche Eigentümer der Bieter-GmbH betreibt und errichtet Hotels und verlangt einen Preisnachlass bei Skikarten für seine Gäste in Höhe von 20%.

Unterinstanzen

Das Landesgericht Klagenfurt sah keinen wichtigen Grund und gestattete die Übertragung der Aktien gemäß § 62 Abs 3 AktG.

Das OLG Graz wies den Rekurs der Antragsgegnerin ab und bestätigte das Urteil. Allerdings erklärte es den Revisionsrekurs für zulässig, weil es zur Auslegung des wichtigen Grundes noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gibt.

OGH-Entscheidung

Der OGH gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge. Er bestätigte die Ausführungen des Rekursgerichts weitgehend und setzt sich dabei ausführlich mit den Literaturmeinungen zu § 62 Abs 3 AktG auseinander.

Zum Begriff des wichtigen, der Gestattung entgegenstehenden Grundes führt der OGH aus, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes nur im Einzelfall geprüft werden könne. Es habe ein Ausgleich zwischen den Interessen des veräußerungswilligen Aktionärs und jenen der Gesellschaft stattzufinden. Zunächst sei zu prüfen, ob die Satzung konkret die Umstände festlegt, die als wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung gelten (Vinkulierungszweck). Darüberhinausgehende Interessen der Gesellschaft sind durch Auslegung der Satzung zu übermitteln. Wenn es keine gesellschaftsvertragliche Regelung gibt, seien für die Interessensabwägung unter anderem der mit der Anteilsübertragung verbundene Einfluss und die Motivlage des Erwerbs relevant. Der Verkauf an die Konkurrenz kann also durchaus Einfluss haben. Alleine der Umstand, dass der Erwerber eine neue Sperrminorität von 25% erlangt, reicht jedoch nicht aus. Eine wahrscheinlich zu erwartende Schädigung der Gläubiger und/oder der Gesellschaft sei in die Beurteilung ebenfalls miteinzubeziehen.

Im vorliegenden Fall liegt kein wichtiger Grund vor. Bereits die Erstantragstellerin habe über mehr als 25% verfügt. Eine neue Sperrminorität wird daher nicht geschaffen. Es liegt kein eindeutiges Konkurrenzverhältnis zwischen der AG und der Bieter-GmbH vor, aufgrund der man Letzterer eventuell Schädigungsabsicht unterstellen könne. Die Forderung nach verbilligten Liftkarten für Kunden von der Hotel-GmbH sei für sich alleine kein Anhaltspunkt für einen wichtigen Grund oder eine Schädigungsabsicht. Im Aufsichtsrat der AG könnte unter Umständen dieser Wunsch ohnehin nicht durchsetzbar sein.

Abgesehen davon hatte sich der OGH auch mit der verfahrensrechtlichen Frage zu beschäftigen, wer Partei im Außerstreitverfahren ist. Im vorliegenden Fall reklamieren neben der Seilbahn-AG nämlich auch die fünf Einschreiter als Aktionäre jeweils Parteistellung für sich, da das Gericht eine ihnen zukommende Zustimmungsbefugnis ersetze und ihnen aufgrund der Wertminderung der Anteile ein wirtschaftlicher Schaden drohe. Der OGH verneint jedoch ihre Antragsparteistellung. Einzelnen Aktionären könnte allenfalls dann eine Parteistellung zukommen, wenn die Satzung eine individuelle Zustimmungskompetenz des einzelnen Aktionärs vorsieht.

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