(K)eine Zwangsstrafe für sture Kommanditisten?

(K)eine Zwangsstrafe für sture Kommanditisten?

Der Gesellschafterstreit im Swarovski-Konzern ist um eine oberlandesgerichtliche Entscheidung reicher. Das Gericht beschäftigte sich mit Zwangsstrafen in einem Firmenbuchverfahren und zwar mit den Fragen, was Gesellschafter tun können, wenn Mitgesellschafter die Mitwirkung an einer Firmenbucheintragung verweigern, und mit der Rechtsmittellegitimation im Falle der Aufhebung eines Zwangsstrafverfahrens.

Vorgeschichte

Innerhalb des Swarovski-Konzerns, der von mehreren Familienstämmen geleitet wird, kam es wiederholt zu Gesellschafterstreitigkeiten, die oft auch medial ausgetragen wurden (Die Presse berichtete etwa am 19.6.2023). Es gab verschiedene Familienstämme, die sich miteinander verbündeten und gegen andere vorgingen.

Verschiedene Stimmen forderten wiederholt, dass Swarovski eine Aktiengesellschaft werden und auf neue, modernere Beine gestellt werden solle. Insbesondere bei der Führung. Geplant war, dass „Swarovski International Holding AG“ in „D. Swarovski KG“ einsteigt, was auch von der Mehrheit beschlossen wurde. Ein Teil der Familien-Gesellschafter ging jedoch gegen die Umstrukturierung vor und bekam von einem Schiedsgericht recht. Die Strukturreform scheiterte (Die Presse berichtete am 22.9.2022).

Mit einem anderen Versuch sollte der Einfluss der „Swarovski International Holding AG“ in der „D. Swarovski KG“ trotzdem gesichert werden: „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ sollte als Komplementärin der „D. Swarovski KG“ aufgenommen werden.

Sachverhalt

Im Zuge dessen wurde im entsprechenden Firmenbuchantrag von den Gesellschaftern der „D. Swarovski KG“ begehrt, diverse Änderungen im Firmenbuch der „D. Swarovski KG“ einzutragen. Die Mehrzahl wurde eingetragen, folgende Begehren jedoch nicht:

  • Löschung des bisherigen Komplementärs
  • Eintragung des bisherigen Komplementärs fortan als Kommanditist
  • Eintragung der „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ als selbständig vertretungsbefugte Komplementärin
  • Firmenänderung (korrespondierend mit dem Einstieg der „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ als Komplementärin)

Alle Gesellschafter (zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr als 100) außer 19 Kommanditisten unterzeichneten die Firmenbuchanmeldung. Das Firmenbuchgericht stellte in Folge einen Verbesserungsauftrag an die Antragsteller. Diesem wurde nicht nachgekommen.

In der Folge wurden die säumigen Kommanditisten vom Firmenbuchgericht aufgefordert, den Antrag öffentlich beglaubigt zu unterfertigen, oder sich zu äußern, warum diese Pflicht nicht bestehe. Widrigenfalls würden Zwangsstrafen von je € 1.000 verhängt werden.

Die säumigen Kommanditisten äußerten sich und legten dar, dass keine Mitwirkungspflicht bestehe, weil

  • die Zulässigkeit und Wirksamkeit des Beitritts der „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ als Komplementärin zweifelhaft sei;
  • der als Kommanditist einzutragende Gesellschafter mittlerweile wieder Komplementär sei und daher nicht als Kommanditist einzutragen sei. (Der Komplementär hat laut Sachverhalt seine Stellung zwischenzeitlich wohl im Zuge des mutmaßlichen Eintrittes der „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ niedergelegt, diese später aber wieder angetreten.)

Das Erstgericht vertrat die Meinung, dass eine Zwangsstrafe nicht verhängt werden könne, wenn jemand seine Verweigerung zur Mitwirkung auf eine vertretbare Rechtsmeinung stützt und stellte daher das Zwangsstrafverfahren ein und wies in Folge auch die offenen Firmenbuchanträge ab.

Gegen die Beschlüsse des Erstgerichtes richtet sich der Rekurs der „D. Swarovski KG“, „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ und des zu löschenden Komplementärs, in dem begehrt wird, dass

  • der Beschluss für nichtig erklärt wird,
  • oder so abgeändert wird, dass die säumigen Gesellschafter durch Zwangsstrafen zur Unterzeichnung angehalten werden und
  • der Beschluss über Abweisung des Antrags aufgehoben

Nichtigkeit wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs und Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz

Zunächst behaupteten die Rekurswerber, dass die von den säumigen Kommanditisten eingebrachte Stellungnahme sowie Urkunden nicht vor Beschlussfassung des Erstgerichts, sondern erst danach übermittelt worden seien. Es wurde den Rekurswerbern daher die Möglichkeit genommen, sich zu äußern.

Das Rekursgericht entgegnet, dass dies zwar richtig sei, aber es (und somit auch das Erstgericht) dadurch nicht an einer Entscheidung gehindert ist (war). Es soll nämlich nach Möglichkeit in der Sache selbst entscheiden, wenn der Beschluss zur Gänze zu bestätigen ist, oder wenn der Beschluss ohne weitere Erhebungen abgeändert werden kann (§ 58 Abs 1 Z 1 iVm § 49 Abs 1 u 2 AußStrG). Nur wenn dies nicht möglich wäre, ist die Entscheidung aufzuheben und an das Erstgericht zurückzuverweisen. In diesem Fall war die Sachentscheidung möglich und weitere Erhebungen nicht notwendig.

Das Gericht bemängelte zusätzlich, dass der Rekurswerber die Relevanz des Gehörverstoßes auch für die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nicht darlegte und der Rekurs somit nicht konform ausgeführt wurde.

Klage auf Mitwirkung bei Eintragung

Die Rekurswerber referierten in der Rechtsrüge, dass kein Zweifel an der Bestellung der „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ zur Komplementärin bestehe. Die Eintragungen seien daher im Firmenbuch vorzunehmen.

Das Gericht entgegnet, dass im Eintragungsverfahren ausschließlich zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung vorliegen (also die Mitwirkung der Kommanditisten). Die Rechtsprechung bejaht zwar die Möglichkeit, dass das Firmenbuchgericht im Interesse des Geschäftsverkehrs Zwangsstrafen gegen säumige Gesellschafter anordnen kann (RS0111762), davon zu unterscheiden ist aber die aus dem Gesellschaftsvertrag ableitbare Pflicht, an den „zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlichen Anmeldungenmitzuwirken. Jeder Gesellschafter kann die anderen auf Mitwirkung im streitigen Verfahren klagen (RS0061858). Nach rechtskräftiger Entscheidung genüge die Anmeldung der übrigen Gesellschafter für die Eintragung.

Aufgrund welcher Erwägungen die Gesellschafter die Eintragung verweigern, ist nicht im außerstreitigen Firmenbuchverfahren zu klären, sondern allenfalls in einem streitigen Verfahren. Dieses muss durch Klage der anderen Gesellschafter eingeleitet werden. Das Erstgericht hat daher die Anträge zu Recht abgewiesen.

Rekurslegitimation

Der Rekurs bekämpft den gesamten Beschluss, also muss auch die Rekurslegitimation für die Einstellung des Zwangsstrafverfahrens geprüft werden.

Aus der Möglichkeit des Firmenbuchgerichtes Zwangsstrafen zu verhängen, können Dritte (auch die Gesellschaft) kein subjektives Recht ableiten. In der Entscheidung 6 Ob 4/94  (Verweigerung der Unterfertigung des Antrages auf Eintragung einer Sitzverlegung) hat der OGH festgehalten, dass sich die Sanktionsmöglichkeit nach § 24 FBG nur an das Firmenbuchgericht richtet, das „im öffentlichen Interesse nach pflichtgemäßen Ermessen“ zu handeln hat, und „nicht den privaten Interessen der Beteiligten dient“. Der OGH hat in der zitierten Entscheidung die Rekurslegitimation des Komplementärs gegen die Nicht-Durchführung des Zwangsstrafverfahrens verneint. Dies ist auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Die Rechtsprechung bejaht die Rekurslegitimation der Gesellschaft, wenn gegen ihre Geschäftsführer Zwangsstrafen verhängt werden (RS0112094). In der Literatur wird dies unterschiedlich aufgefasst und im Zusammenhang mit Anmeldeverpflichtungen bejaht. Andere Stimmen vertreten die gegenteilige Ansicht, wonach der Gesellschaft keine Parteistellung zukomme. Diese Frage musste in dieser Swarovski-Entscheidung nicht abschließend geklärt werden, da die Gesellschaft nicht beschwert ist, was Voraussetzung für einen Rekurs wäre. Die Gesellschaft wird durch Einstellung des Zwangsstrafverfahrens in keinem subjektiven Recht verletzt. Der Rekurs, der sich gegen die Einstellung des Zwangsstrafverfahrens richtet, ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Ausblick

Interessant ist diese Entscheidung insbesondere im Hinblick darauf, dass die Führungsebene des Swarovski-Konzerns augenscheinlich am Standpunkt festhält, dass „DSW-Leitungsgesellschaft AG“ (zumindest intern) wirksam installiert sei und ihr auch die Geschäftsführungskompetenz zukomme.

Im Zuge dessen wurde zum ersten Mal einem familienfremden die Geschäftsführungskompetenz übertragen (Die Presse berichtete am 14.6.2022). Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Blog-Beitrages war jedoch weiterhin ein Mitglied eines Familienstammes sowie Befürworter der Strukturreform als Komplementär ins Firmenbuch eingetragen. Die Konstellation bietet also weiterhin Zündstoff und wird vermutlich weitere juristische Neuheiten sowie Themen zutage fördern und damit auch neue Blog-Beiträge von uns😊.

Blog-Beitrag gemeinsam erstellt mit Paul Moik.

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