
Über die Teilbarkeit und Übertragbarkeit von GmbH-Anteilen
Die Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen kann in einem GmbH-Vertrag nicht generell ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung könnte in eine Vinkulierung umgedeutet werden. Die Teilung von Geschäftsanteilen ist zum Schutz der Gesellschafter gesetzlich ausgeschlossen, kann aber gesellschaftsvertraglich zugelassen werden. Eine Teilung ist jedoch auch trotz ausdrücklich gegenteiliger Regelung im Gesellschaftsvertrag zulässig, wenn alle Gesellschafter zustimmen.
Sachverhalt
Die beklagte GmbH wurde 1983 gegründet. Dabei wurde im Gesellschaftsvertrag festgelegt, dass die Geschäftsanteile unteilbar und unübertragbar sind.
Gesellschafter der beklagten GmbH waren ausschließlich Frau A und Gesellschafter B. Frau A hielt 90% der Anteile und war auch (einzige) selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin. Gesellschafter B hielt die restlichen 10% der Anteile.
Der Kläger und Frau A waren von 1984 bis 2020 verheiratet.
Im Jahr 2012 schloss der Kläger und Frau A mit Notariatsakt folgende Treuhandvereinbarung, welche zuvor nur mündlich abgesprochen war: Frau A soll treuhändig für den Kläger 60% der Geschäftsanteile halten. Nur die Übrigen 30% sollen ihre „eigenen“ Anteile sein. Vereinbart wurde auch, dass die Treuhänderin (=A) sich verpflichtet, den Geschäftsanteil ganz oder in Teilen jederzeit unentgeltlich an den Treugeber selbst oder an eine von diesem namhaft gemachte Person durch Notariatsakt abzutreten. Weiters wurde festgelegt, dass die Treuhänderin mit dem Treuhandvertrag den gegenständlichen Geschäftsanteil dem Treugeber (= Kläger) oder einer von diesem namhaft zu machenden Person unentgeltlich zur Abtretung anbietet.
2020 erklärte der Kläger nun mit Notariatsakt (Annahme des „Angebotes“ gemäß Treuhandvertrag), die bisher von Frau A treuhändig gehaltenen Geschäftsanteile unentgeltlich zu übernehmen.
Zwei Tage später teilte der Kläger auch Frau A mit, dass er das Angebot auf unentgeltliche Übertragung der Geschäftsanteile angenommen hat und der Treuhandvertrag gekündigt werde. Der Minderheitsgesellschafter B stimmte der Übernahme der Geschäftsanteile mit notariell beglaubigter Zustimmungserklärung nachträglich zu.
Der Kläger forderte nun Frau A als Geschäftsführerin auf, den Gesellschafterwechsel im Firmenbuch anzumelden, was Frau A ablehnte.
Mit Klage begehrte der Kläger nun von der beklagten GmbH, dass er als Gesellschafter mit 60% und Frau A mit 30% der Anteile eingetragen werde. Bereits bei Gründung sei vereinbart worden, dass Frau A den 60%-Anteil an ihrem 90%-Geschäftsanteil nur treuhändig für den Kläger halte. Diese mündliche Vereinbarung sei 2012 (förmlich) verschriftlicht worden. Grosso modo behauptete der Kläger: Die Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, wonach Geschäftsanteile unübertragbar wären, verstoße gegen die zwingende Übertragbarkeit (§ 76 Abs 1 GmbHG) und die Unteilbarkeit (§ 79 Abs 1 GmbHG) sei irrelevant, da alle Gesellschafter der Teilung zugestimmt haben (gemeint wohl: Gesellschafter B ausdrücklich und Frau A durch das Angebot im Treuhandvertrag).
Frau A, als Vertreterin der beklagten GmbH, behauptete wiederum, dass die Treuhand niemals bestanden habe: Frau A sei stets wirtschaftliche Eigentümerin des Geschäftsanteiles gewesen. Die Treuhandvereinbarung sei 2012 unter Druck abgegeben worden und es handle sich dabei um eine falsche Wissenserklärung. Die Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, wonach die Geschäftsanteile nicht übertragbar wären, sei, sofern diese Klausel ungültig sei, in ein Zustimmungsrecht der Gesellschaft (Vinkulierung) umzudeuten. Die Vinkulierung wirke absolut. Frau A habe nie eine Zustimmung gegeben (weder zur Übertragung noch zur Teilung) gegeben. Ein allfälliger Anspruch auf Abtretung eines Teiles ihres Geschäftsanteils müsse gegen sie, nicht gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden, weswegen die Gesellschaft nicht passiv–klagelegitimiert sei.
Vorinstanzen
Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Gesellschaftsvertrag verbiete die Teilung. Die bloße Zustimmung der Gesellschafter zu einer Teilung ohne Bestimmung im Gesellschaftsvertrag reiche nicht aus, um eine im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehende Anmeldung im Firmenbuch eintragen zu lassen. Ob die Treuhandvereinbarung gültig sei, könne dahinstehen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Teile der Literatur gingen zwar von einer Teilbarkeit der Geschäftsanteile auch ohne eine entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag aus, wenn sich alle Gesellschafter darüber einig seien und sich an der Teilung durch Zustimmung zu dieser beteiligten. Allerdings beziehen sich diese Meinungen alle auf Fälle, in denen der Gesellschaftsvertrag über die Teilbarkeit des Geschäftsanteils schweige. Sie könnten daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, in dem der Gesellschaftsvertrag die Unteilbarkeit der Geschäftsanteile ausdrücklich festlege.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Frage, ob eine Teilung eines Geschäftsanteils einer GmbH auch entgegen einer ausdrücklichen gesellschaftsvertraglichen Regelung wirksam sei, wenn alle Gesellschafter an der Teilung mitwirkten oder dieser zustimmten, über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.
Oberster Gerichtshof
Zunächst stellte der OGH fest, dass die Gesellschaft passivlegitimiert ist. Ein Gesellschafter, der einen Anteil erworben hat, hat Anspruch auf Eintragung im Firmenbuch (RS0059812). Sofern der Geschäftsführer die Anmeldung verweigert, hat der Gesellschafter, der behauptet den Anteil erworben zu haben, einen Anspruch nur gegen die Gesellschaft auf Eintragung, der auch durchsetzbar ist (vgl 6 Ob 167/17b).
Zur Teilbarkeit des Anteils: Gemäß § 79 Abs 1 GmbHG ist die Teilung eines Geschäftsanteils, den Fall der Vererbung ausgenommen, nur zulässig, wenn im Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern die Abtretung von Teilen eines Geschäftsanteils gestattet ist. Hauptzweck der Norm ist es, die Gesellschafter vor einer schrankenlosen Vermehrung der Gesellschafter zu schützen.
Wesentlicher Zweck des § 79 Abs 1 GmbHG ist nur die Interessenwahrung der Gesellschafter. Stimmen daher sämtliche Gesellschafter einer konkreten Teilabtretung eines Geschäftsanteils zu, oder wirken daran mit, führt das Fehlen einer die Teilbarkeit zulassenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nicht zur Unwirksamkeit dieser Teilabtretung, weil dies im Hinblick auf den Zweck der Regelung überschießend wäre. Eine solche Zustimmung der Gesellschafter muss für die konkrete Teilabtretung gegeben werden und ändert den Gesellschaftsvertrag nicht. Eine generelle Zustimmung (nicht zu einer konkreten Teilabtretung) ist nicht zulässig. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Regelung nicht vor, dann ist das dispositive (= durch Vertragsparteien abänderbare) GmbH-Recht „Bestandteil“ (Lückenfüller) des Gesellschaftsvertrags. Dieses sieht grundsätzlich die Unteilbarkeit vor (siehe oben). Es kann also keinen Unterschied machen, ob der Gesellschaftsvertrag schweigt und daher § 79 Abs 1 GmbHG anzuwenden ist, oder ausdrücklich die gesetzlich ohnehin bereits vorgegebene Unteilbarkeit im Gesellschaftsvertrag wiederholt.
Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass wenn die Treuhandvereinbarung wirksam bestünde, Frau A mit dieser Vereinbarung der Teilbarkeit zugestimmt hatte. Da auch Gesellschafter B zugestimmt hat, steht der Teilung nichts im Weg (auch nicht die gesellschaftsvertragliche Klausel). Anzumerken ist jedoch, dass der OGH, mangels Feststellungen zum Bestehen der Treuhandvereinbarung in den unterinstanzlichen Verfahren, die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen hat.
Zum Ausschluss der Übertragbarkeit der Anteile: Ein genereller Ausschluss der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen ist unzulässig. Auch wenn man die Klausel in eine Vinkulierung (§ 76 Abs 2 GmbHG) umdeuten würde, läge die Zustimmung vor (von Frau A durch den Treuhandvertrag und Gesellschafter B). Denn eine solche Zustimmung kann, im Gegensatz zur Zustimmung zur Teilbarkeit von Anteilen, auch schlüssig erfolgen. Bei Einigkeit aller Gesellschafter ist weder eine Gesellschafterversammlung noch ein schriftliches Beschlussverfahren erforderlich (RS0123221).
Satzungsdurchbrechung?
In der Literatur wurde diese Entscheidung im Zusammenhang mit der sogenannten Satzungsdurchbrechung behandelt. So verortet F. Hule (F. Hule, GES 2024, 404), dass der OGH unter Umständen einen „Vier-Stufen-Test“ – angelehnt an deutsche Rechtsprechung – zur Satzungsdurchbrechung aufstellt. Er stellt jedoch in der Entscheidungsanmerkung ausdrücklich klar, dass er weder eine Übernahme der Satzungsdurchbrechung in den österreichischen Rechtsbestand in die Entscheidung hineininterpretieren möchte, noch, dass seine Ausführungen als Bekenntnis zu dieser verstanden werden sollten.
Steiner (Steiner, GesRZ 2025, 136 ff) verortet wiederum keine Satzungsdurchbrechung, aber eine Satzungsverletzung, die grundsätzlich zur Anfechtbarkeit führt, außer es läge Zustimmung durch Wirksamkeit des Treuhandvertrages vor.
Zum Thema der Satzungsdurchbrechung erging kürzlich auch eine Entscheidung in Deutschland. Diese finden Sie bereits hier in unserem Blog.
Blog-Beitrag gemeinsam erstellt mit Paul Moik.