Unfallversicherung: Motorsport-Ausschluss

Unfallversicherung: Motorsport-Ausschluss

Der Begriff „Rennstrecke“ umfasst auch vom öffentlichen Verkehr abgesonderte Zufahrten und Verbindungswege zur eigentlichen Strecke, wenn jene der Strecke selbst vergleichbar gestaltet sind und dieselben Anforderungen stellen, Fertigkeiten verlangen und Manöver erlauben.

Zwischen den Parteien besteht ein Unfallversicherungsvertrag.

Relevante Bestimmungen der AUVB

Artikel 22 Welche Unfälle sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

Ausgeschlossen von der Versicherung sind Unfälle … die bei Beteiligung an motorsportlichen Wettbewerben (auch Wertungsfahrten, Fahren auf Rennstrecken und Rallyes) und den dazugehörenden Trainingsfahrten entstehen; (Variante 1)

Ausgeschlossen von der Versicherung sind Unfälle … die bei Beteiligung an motorsportlichen Wettbewerben, Wertungsfahrten, Fahren auf Rennstrecken, Rallyes und den je dazugehörenden Trainingsfahrten entstehen; (Variante 2)

Wieso das Gericht zwei Varianten festgestellt hat, ist aus der Entscheidung nicht ersichtlich.

Sachverhalt

Der Kläger kam im Offroad-Park Nagycenk in Ungarn mit seinem Motocross-Motorrad zu Sturz und erlitt dadurch schwere Verletzungen.

In diesem Offroad-Park gibt es verschiedene Bereiche, nämlich unter anderem einen Freibereich, eine Motocross-Strecke und eine naturbelassene Enduro-Strecke von vier Kilometern Länge und mit einer durchschnittlichen Rundenzeit von elf Minuten. Rennstreckeneinrichtungen wie Startmaschine, Zeitnehmungsvorrichtung oder Absperrbänder gibt es nicht. Auf dem Freigelände kann beliebig gefahren werden.

Der Unfall des Klägers ereignete sich außerhalb der Enduro-Strecke, nämlich auf der frei befahrbaren Verbindungsstrecke vom Fahrerlager zur Enduro-Strecke. Die Verbindungsstrecke ermöglichte dem Kläger aber, mit seinem Motocross-Motorrad einen Sprung über einen Hügel durchzuführen, was im konkreten Fall aufgrund zu geringer Sprungweite zum Sturz führte.

Die Motorradfahrt unternahm der Kläger in Ausübung seines Hobbys, an einem Rennen nahm er nicht teil.

OGH-Entscheidung

Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend auf die Rechtsprechung des Fachsenats zu Art 22.2. AUVB (in der hier vorliegenden Textvariante 1) verwiesen, wonach die Wortfolge „(auch Wertungsfahrten, Fahren auf Rennstrecken und Rallyes)“ nach ihrem klaren Wortlaut eine Ergänzung zu dem vor der Klammer befindlichen Ausdruck „motorsportliche Wettbewerbe“ ist und somit aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers die Ausschlussklausel nur das Verständnis zulässt, dass als motorsportlicher Wettbewerb, für den kein Versicherungsschutz besteht, unter anderem auch das (bloße) „Fahren auf Rennstrecken“ gilt. Wären damit lediglich Fahrten bei Wettbewerben oder Rennen gemeint, würde es sich bei der genannten Wortfolge um einen überflüssigen Einschub handeln. Ferner wäre bei einem solchen Verständnis das – deutlich auf eine Erweiterung des maßgeblichen Begriffsinhalts hinweisende – Wort „auch“ entbehrlich. Der Sinn und Zweck des Ausschlusses von Fahrten auf Rennstrecken erhellt bereits daraus, dass bei solchen Fahrten weit höhere Geschwindigkeiten als im Straßenverkehr eingehalten werden und dabei die Grenzen der Leistungsfähigkeit von Fahrzeug und/oder Fahrkönnen ausgelotet werden (7 Ob 132/15k).

Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass die vorliegende Textvariante 2 dieser Klausel keine andere Beurteilung gebietet, sondern die Eigenständigkeit der einzeln umschriebenen Veranstaltungen und Unternehmungen, für die kein Versicherungsschutz besteht, sogar stärker hervorhebt. Die marginal unterschiedliche Textierung der nach den Feststellungen möglichen Vertragsgrundlagen hat daher hier keine Konsequenz, sondern führt zu gleichen Auslegungsergebnissen.

Richtig ist auch die Beurteilung, dass eine „Rennstrecke“ zwar dadurch indiziert sein mag, aber nicht zwingend voraussetzt, dass eine konkrete Fahrlinie durch Rennstreckeneinrichtungen bestimmt wird oder sonstige Einrichtungen wie Startmaschine, Zeitnehmungsvorrichtung oder Absperrbänder vorhanden sind.

Ausgehend vom dargelegten Rennstreckenbegriff macht es keinen Unterschied, ob ein Abschnitt als „eigentliche“ Strecke definiert ist oder als Verbindungsweg zu dieser dient, wenn eine solche Verbindungsstrecke im Kern dieselben Anforderungen stellt, Fertigkeiten verlangt und Manöver erlaubt wie die eigentliche Strecke. Ist dies im konkreten Fall zu bejahen, dann ist auch ein solches „Verbindungsstück“ als vom Ausschluss umfasste „Rennstrecke“ anzusehen.

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