Führerscheinklausel in der Unfallversicherung

Führerscheinklausel in der Unfallversicherung

Der durchschnittlich verständige VN versteht die Führerscheinklausel dahin, dass er, um Versicherungsschutz zu genießen, zum Lenken eines Kraftfahrzeugs über die entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz verfügen muss. Die Führerscheinklausel hat auch für Fahrten auf nichtöffentlichem Grund Geltung. Auch wenn das Verhalten des Mitversicherten gesetzlich nicht verboten gewesen sein mag, resultiert mangels passenden Führerscheins dennoch Leistungsfreiheit des Versicherers.

Sachverhalt

Der damals 15-jährige Sohn des Klägers erlitt Anfang September 2022 im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trialgarten einen Unfall, bei dem er sich eine Fraktur des Tibiaschaftes am rechten Bein zuzog. Der Sohn des Klägers verfügte nur über eine Lenkberechtigung für die Klasse AM (§ 2 Abs 1 Z 1 FSG idF BGBl 2021/154: Motorfahrräder/vierrädrige Leichtfahrzeuge), nicht aber über eine solche für Motorräder mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter.

Die verwendeten Trial-Motorräder sind leistungsreduzierte Schulungsmotorräder und haben einen Hubraum von 80 Kubikzentimeter und 125 Kubikzentimeter. Sie sind ausschließlich für den Offroad-Bereich konzipiert, werden nur auf der Wiese gefahren und dienen dem Üben der Fahrtechnik. Sie verfügen über keine Lichter, keine Blinker und auch keinen Sattel (Sitz), sondern werden im Stehen gefahren.

Nach einer Unterweisung über die Handhabung der Trial-Motorräder fuhr der Sohn des Klägers ein paar Runden im Kreis. Nachdem er die Frage des Fahrtrainers, ob er schon mit einem Moped gefahren sei, bejaht hatte, wurde ihm die Fahrt mit einem Trial-Motorrad mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter angeboten. Ihm wurde auch erklärt, dass er nur im ersten Gang fahren und nicht zu viel Gas geben dürfe. Mit diesem Motorrad nahm er dann am weiteren Fahrsicherheitstraining teil. Nachdem er zunächst im Kreis Runden gefahren war, fuhr er Schlangenlinien zwischen Verkehrshüten auf der Wiese. Anschließend fuhr er in den Parcours. Nach einer Kurve führte der Weg bergauf, worauf sich der Sohn des Klägers zurücklehnte, am Lenker festhielt und unbewusst Gas gab. Dadurch fiel er aus der Kurve, wobei das Motorrad auf seinem Fuß landete. Die durch den Sturz erlittene Unterschenkeldrehfraktur führte zu einer dauernden Invalidität, die 6 % des Beinwertes beträgt.

Bestimmungen der AUVB 2019

Artikel 21 – Was ist vor Eintritt eines Versicherungsfalles zu beachten? Was ist nach Eintritt eines Versicherungsfalles zu tun?

Obliegenheiten

Als Obliegenheiten werden vereinbart:

1. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles:

1.1 Die versicherte Person hat als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird.

OGH-Entscheidung

Mit Art 21.1.1 AUVB 2019 vergleichbare – als „Führerscheinklauseln“ bezeichnete – Bedingungen wurden vom Obersten Gerichtshof bereits mehrfach als Obliegenheiten qualifiziert (7 Ob 19/93 zu § 6 Abs 2 Z 1 AKHB 1988; 7 Ob 162/07k = SZ 2007/134 zu Art 5.2.1 AKIB 2005; 7 Ob 43/11s zu Art 9.2.1 AKHB 1995; 7 Ob 159/18k zu Art 24.1 UB00; 7 Ob 184/21s zu § 14.1. AUVB 2016; 7 Ob 8/22k zu Art 19.1. AUVB 2015).

oder eines typengleichen Fahrzeugs gehabt haben. Diese Führerscheinklausel hat auch für Fahrten auf nichtöffentlichem Grund Geltung (RS0080941), was in Art 21.1.1 AUVB 2019 ausdrücklich vereinbart ist. Die Führerscheinklausel stellt darauf ab, ob der Lenker eine (allgemeine) Fahrberechtigung und damit eine gewisse Fahrsicherheit hat, egal auf welcher Fläche er das Fahrzeug lenkt (7 Ob 43/11s). Das fahrerische Können soll bereits vor Antritt der Fahrt in der vom Gesetz formalisierten Weise durch Erhebungen der Behörde und die Fahrprüfung dargetan sein (7 Ob 159/18k mwN).

Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer versteht die Führerscheinklausel dahin, dass er, um Versicherungsschutz zu genießen, zum Lenken eines Kraftfahrzeugs über die entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz (FSG) verfügen muss (7 Ob 159/18k = RS0080941 [T1] = RS0081213 [T1]). Ausnahme

Der Sohn des Klägers verletzte sich im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trialgarten. Er fuhr mit einem Trial-Motorrad mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimetern, für das er keine Lenkberechtigung besaß, speziellEntgegen der Ansicht der Vorinstanzen kommt es nicht darauf an, dass das konkrete Trial-Motorrad aufgrund seiner spezifischen Bauweise (keine Lichter und

Da für das Lenken des Fahrzeugs nach den Versicherungsbedingungen ein Führerschein erforderlich gewesen wäre, hat die Beklagte die objektive Obliegenheitsverletzung nachgewiesen. Die vom Kläger eingewendete Unkenntnis der Versicherungsbedingungen spielt für das Verschulden keine Rolle.

Bei der Führerscheinklausel des Art 21.1.1 AUVB 2019 handelt es sich – wie ausgeführt – um eine Obliegenheit im Sinn des § 6 Abs 2 VersVG, sodass dem Versicherungsnehmer grundsätzlich der Nachweis offen steht, dass die Verletzung der Obliegenheit weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls, noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers Einfluss gehabt hat (RS0116979). Der Gegenbeweis der fehlenden Kausalität ist strikt zu führen (RS0079993); an ihn sind hohe Anforderungen zu stellen und strenge Maßstäbe anzulegen (RS0081313 [T12, T18]). N

Nach den Feststellungen konnte der Kläger den Kausalitätsgegenbeweis nicht erbringen. Der Sturz seines mitversicherten Sohnes mit dem Trial-Motorrad erfolgte infolge eines Fahrfehlers. Da der Beklagten der Nachweis der

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