Kfz-Ausschluss in der Betriebshaftpflicht

Kfz-Ausschluss in der Betriebshaftpflicht

Eine zweckorientierte Auslegung des Ausschlusstatbestands erfordert die Verwirklichung einer primär von der Verwendung des Kraftfahrzeugs unmittelbar ausgehenden Gefahr, nicht aber die Realisierung anderer (zB betrieblicher) Risiken, die in irgendeinem Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug stehen.

Sachverhalt

Am 19. Mai 2020 ereignete sich ein Unfall, an dem ein von der L*-GmbH gehaltener Schwer-LKW (Dumper) und ein vom Kläger gemieteter, nicht kennzeichenpflichtiger Kettenbagger, der von einem Mitarbeiter des Klägers gelenkt wurde, beteiligt waren. Dabei ließ der Lenker des Baggers im Zuge des Beladevorgangs einen Betonbrocken auf den LKW fallen. Die dadurch verursachte Erschütterung wurde von der Ladefläche des LKW direkt über das Fahrgestell im Bereich des Aufstiegs weitergegeben, sodass der Fahrer, der sich auf den Stufen befand, vom LKW fiel und sich verletzte.

Relevante Bestimmungen der AHVB 2004

7.5.3. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen verursachen durch Haltung oder Verwendung von Kraftfahrzeugen oder Anhängern, die nach ihrer Bauart und Ausrüstung oder ihrer Verwendung im Rahmen des versicherten Risikos ein behördliches Kennzeichen tragen müssen oder tatsächlich tragen. Dieser Ausschluss bezieht sich jedoch nicht auf die Verwendung von Kraftfahrzeugen als ortsgebundene Kraftquelle.

OGH-Entscheidung

Im Revisionsverfahren ist ausschließlich strittig, ob der Risikoausschluss gemäß Art 7.5.3. AHVB 2004 (vgl 7 Ob 155/21a zu Art 15.4.3. ABH) vorliegt, also ob der Schaden vom Versicherungsnehmer durch Verwendung eines kennzeichenpflichtigen Kraftfahrzeugs verursacht wurde.

Der Oberste Gerichtshof orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Verwendung des Kraftfahrzeugs“ in der privaten Haftpflichtversicherung an § 2 Abs 1 KHVG (7 Ob 177/04m; 7 Ob 159/08w). Auch das Be- und Entladen eines versicherten Fahrzeugs ist grundsätzlich als Verwendung eines Kraftfahrzeugs anzusehen (7 Ob 182/08b; 2 Ob 47/14x mwN). Im Zuge des Be- und Entladens entstandene Schäden sind daher auch grundsätzlich von der Kfz-Haftpflichtversicherung umfasst (vgl etwa RS0088976 [T5]).

Allerdings ist zu beachten, dass die Verwendung des Kraftfahrzeugs in der Kfz-Haftpflichtversicherung das versicherte Risiko betrifft, sodass eine weite Auslegung des Begriffs durchaus angezeigt ist, während es sich bei der Verwendung des Kraftfahrzeugs in der privaten oder betrieblichen Haftpflichtversicherung um einen – eng auszulegenden – Risikoausschluss handelt. Es kann somit im Einzelfall durchaus vorkommen, dass sowohl die Kfz-Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig ist, weil eine Verwendung des Fahrzeugs vorliegt, aber auch die allgemeine oder betriebliche Haftpflichtversicherung, weil der eng auszulegende Ausschlusstatbestand nicht vorliegt (vgl etwa 7 Ob 223/11m; Maitz, AHVB S 136).

Der vorliegende Fall zeigt, dass eine zweckorientierte Auslegung des Ausschlusstatbestands die Verwirklichung einer primär von der Verwendung des Kraftfahrzeugs unmittelbar ausgehenden Gefahr erfordert, nicht aber die Realisierung anderer (zB betrieblicher) Risiken, die in irgendeinem Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug stehen. Der Schaden muss somit dem Kraftfahrzeugrisiko näher stehen als dem betrieblichen Risiko. Wenn sich daher beim Be- und Entladen nicht primär die vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr, sondern vor allem ein betriebliches (Fehl-)Verhalten verwirklicht hat, greift der Risikoausschluss nicht. Genau das ist hier aber der Fall: Es hat sich nicht (primär) die vom LKW ausgehende Gefahr, sondern das spezifische Risiko des Kettenbaggers, schwere Gegenstände zu bewegen und zu verladen, realisiert. Bei verständiger Betrachtungsweise ist der Schaden somit dem betrieblichen Risiko zuzurechnen, weshalb der Risikoausschluss nicht greift.

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