Bewusstes Zuwiderhandeln gegen behördliche Vorschriften – ÖNormen

Bewusstes Zuwiderhandeln gegen behördliche Vorschriften – ÖNormen

Abschnitt A Z 3 EHVB 2006 setzt einen Verstoß gegen Gesetze, Verordnungen oder behördliche Vorschriften voraus. ÖNORMEN sind, soweit sie nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, rechtlich nichts weiter als Vertragsschablonen.

Sachverhalt

Der Geschädigte beauftragte die VN mit Arbeiten im Keller seines Hauses. Dabei kam es im Zuge von vom Geschäftsführer durchgeführten Baggerarbeiten zu massiven Schäden am Haus.

Der Geschäftsführerder VN ist Bau-Polier mit langjähriger Erfahrung. Er hat im Keller des Gebäudes ca 25 cm Bodenschicht ohne Abstützungsmaßnahmen mit einem kleinen Bagger entfernt, wobei das Fundament untergraben wurde. Er prüfte den Untergrund während er das erste Stück mit dem Bagger abzog. Ihm hätte in dem Augenblick, als erkennbar war, dass die bestehende Gründungsunterkante untergraben wird, klar sein müssen, dass damit in die Standfestigkeit des Bauwerks eingegriffen wird. Er hätte die Arbeitsweise entweder sofort sach- und fachgerecht an diese Umstände anpassen oder einstellen müssen.

Relevante Bestimmung der AHVB/EHVB

Abschnitt A, Ziffer 3 EHVB 2006:

OGH-Entscheidung

jedenfalls kein rechtliches Interesse mehr an einer Feststellung der Deckungspflicht hat.

– und Beweislast für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand liegt beim Versicherer (RS0107031; Reisinger in Fenyves/Perner/ RiedlerRz 40).

Im Fall von Abschnitt A Z 3 EHVB 2006 ist die Versicherung nur dann leistungsfrei, wenn der Versicherungsfall einerseits grob fahrlässig herbeigeführt wurde und andererseits bewusst gegen geltende Gesetze, Verordnungen und behördliche Vorschriften verstoßen wird. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorhanden sein (RS0119745). Die Leistungsfreiheit des Versicherers setzt daher nicht das Kennenmüssen, das heißt einen grob fahrlässigen Verstoß gegen Vorschriften voraus, sondern einen bewussten, das heißt vorsätzlichen Verstoß (7 Ob 99/13d; 7 Ob 8/18d). Der Versicherungsnehmer muss die Verbotsvorschrift zwar nicht in ihrem Wortlaut und in ihrem genauen Umfang kennen, er muss sich aber bei seiner Vorgangsweise bewusst sein, dass er damit gegen Vorschriften verstößt, muss also das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seiner Handlungsweise haben (RS0052282).

setzt

Die von dem beklagten Versicherer herangezogene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen und auf auswärtigen Arbeitsstellen (Bauarbeiterschutzverordnung – BauV; BGBlNr 340/1994) gilt nach ihrem § 1 Abs 1 für die Beschäftigung von Arbeitnehmern auf Baustellen im Sinn des § 2 Abs 3 dritter Satz ASchG. Warum diese Vorschrift auf die vom Geschäftsführer der Klägerin allein durchgeführten Baggerarbeiten anzuwenden sein soll, kann die Beklagte nicht schlüssig darlegen.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dieser Risikoausschluss sei nicht verwirklicht, ist nicht korrekturbedürftig, fehlt doch schon ein konkretes Vorbringen der Beklagten dazu, dass sich der für die Klägerin tätige Geschäftsführer bei seiner Vorgangsweise bewusst war, dass er damit gegen die von der Beklagten behaupteten Vorschriften verstößt. Derartiges lässt sich auch dem Sachverhalt nicht entnehmen.

Anmerkungen

Der Risikoausschluss des bewussten Zuwiderhandelns gegen behördliche Vorschriften ist schwer durchzusetzen. Einerseits müssen die Voraussetzungen grob fahrlässig herbeigeführter Versicherungsfall und bwusstes Zuwiderhandeln gegen behördliche Vorschriften etc kumulativ vorliegen. Außerdem ist der OGH beim „schlampigen“ Arbeiten der Versicherungsnehmer nicht sehr streng (vgl. auch 7 Ob 108/14d).

Das deutsche OLG Hamm ist hier weit strenger (20 U 132/06): Der objektive Verstoß gegen eine Berufspflicht lässt z. B. den Schluss auf ein wissentliches Handeln zu, wenn die verletzte Regel zum Primitiv- oder Elementarwissen eines Architekten gehört. Die objektive Pflichtwidrigkeit der Planung stellt im vorliegenden Fall das entscheidende Indiz für den bewussten Pflichtenverstoß des Klägers dar, aus dem der Senat das erforderliche Bewusstsein des Klägers herleiten kann.

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