Einlagenrückgewähr – Akzessorietät Pfandbestellung (Kneisz II)

Einlagenrückgewähr – Akzessorietät Pfandbestellung (Kneisz II)

Sind die Kreditforderungen der Klägerin wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr materiell-rechtlich erloschen, sind auch die von der Beklagten eingeräumten Pfandrechte unwirksam.

Der Sachverhalt knüpft an die Entscheidung 6 Ob 48/12w an. Die im Verfahren 6 Ob 48/12w beklagte und den Prozess verlierende Bank versucht nun als Klägerin mittels Hypothekarklage gegen die Beklagte – die Schwester des AM – als Pfandbestellerin vorzugehen. Die Beklagte hat sowohl für den Kredit der K-GmbH (Darstellung 1 im Organigramm) als auch für den Kredit der A-GmbH (Darstellung 2 im Organigramm) die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft an die klagende Bank verpfändet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das vorliegende Management-Buyout in Form eines Upstream-Merger sei bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine im Sinne des § 82 Abs 1 GmbHG verbotene verdeckte Einlagenrückgewähr an die Muttergesellschaft und mittelbar auch an deren Alleingesellschafter. Der Kreditvertrag ist daher nichtig, weswegen die Klägerin aus den Pfandbestellungsurkunden keine Ansprüche gegenüber der Beklagten ableiten könne. Darüber hinaus habe die Klägerin ihre gegenüber dieser als Pfandbestellerin bestehende, aus dem Verdacht eines Verstoßes gegen die verbotene Einlagenrückgewähr und des Scheiterns eines Unternehmens resultierende Aufklärungs- und Warnpflicht nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Aus dem Grundsatz der Akzessorietät folge, dass ein Pfandrecht ohne Forderung nicht entstehen oder fortbestehen könne. Sei eine Forderung nichtig oder anfechtbar, gelte dies auch für das Pfandrecht. So sei etwa bei einer auf einen Formmangel zurückzuführenden Ungültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts auch das Pfandrecht unwirksam. Wenn daher ein durch ein Pfandrecht besicherter Kreditvertrag aus welchen Gründen auch immer nichtig sei, dann sei auch das Pfandrecht zufolge Akzessorietät unwirksam. Werde in einem Vorprozess die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner rechtskräftig wegen einer Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Grundgeschäfts verneint, dann müsse diese rechtskräftige Entscheidung, selbst wenn keine gesetzliche Rechtskrafterstreckung angeordnet sei, zufolge des Grundsatzes der Akzessorietät auch zugunsten des Bürgen oder Pfandbestellers wirken.

Der OGH ließ die Revision der Klägerin zu, weil die Ansicht des Berufungsgerichts zum Umfang der Bindungswirkung rechtskräftiger Urteile mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht vereinbar ist, entschied jedoch dennoch, dass sie im Ergebnis nicht berechtigt ist:

Nach ihren subjektiven Grenzen erfassen die Wirkungen der materiellen Rechtskraft die Prozessparteien, deren Rechtsnachfolger und bestimmte andere Personen, auf die ein Gesetz die Entscheidungswirkungen erstreckt. Aus dem Grundsatz der Akzessorietät ergibt sich keine weitergehende prozessuale Bindungswirkung.

Aus dem Akzessorietätsprinzip folgt jedoch, dass der mit Hypothekarklage belangte Pfandbesteller alle Einwendungen gegen die gesicherte Forderung erheben kann, die auch dem persönlichen Schuldner zustehen. Der Pfandbesteller kann daher auch eine Nichtigkeit – jedenfalls soweit es sich um eine absolute Nichtigkeit handelt – des der gesicherten Forderung zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts in dem gegen ihn geführten Verfahren geltend machen.

Bei der Beurteilung, ob gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen wurde, ist aber nicht auf einzelne Sachverhaltsabschnitte abzustellen, sondern auf die gesamte Konstruktion (den „Gesamtplan“), wie der 6. Senat des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 6 Ob 14/14y bekräftigte. Der erkennende Senat sieht sich durch die Argumente der Revisionswerberin daher nicht veranlasst, von der bereits in der Entscheidung 6 Ob 48/12w vorgenommenen Beurteilung des auch hier relevanten Sachverhalts abzugehen. Bei gebotener wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung liegt daher eine iSd § 82 Abs 1 GmbHG verbotene verdeckte Einlagenrückgewähr an die Muttergesellschaft und (mittelbar) auch an deren Alleingesellschafter, den Bruder der Beklagten, vor. Die Kreditforderungen der Klägerin sind wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr materiell-rechtlich erloschen, sodass nach § 449 ABGB auch die von der Beklagten eingeräumten Pfandrechte unwirksam sind.

Der OGH hat in dieser Entscheidung leider nicht die Möglichkeit genützt, sich mit den kritischen Lehrmeinungen im Detail auseinanderzusetzen, sondern kommt lediglich zu dem Schluss, dass ausgehend von einer Gesamtbetrachtung die Entscheidung 6 Ob 48/12w entgegen der Darstellung der Klägerin – jedenfalls vom Ergebnis her – in der Literatur überwiegend gebilligt worden sei.

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