Schadenersatzanspruch des mittelbar Geschädigten gegen den Geschäftsführer

Schadenersatzanspruch des mittelbar Geschädigten gegen den Geschäftsführer

Wirkt sich die Schädigung im Vermögen der Gesellschafter und nicht im Vermögen der Gesellschaft aus, ist ein direkter Schadenersatzanspruch des Gesellschafters gegen den Geschäftsführer zulässig (GmbH & Co KG).

Sachverhalt

Der Kläger war bis 2015 Kommanditist mehrerer GmbH & Co KGs. Der Beklagte ist Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Der Beklagte reichte für 2015 keine Steuererklärungen für die KGs ein. Die Abgabenbehörde ermittelte daher die Bemessungsgrundlage im Schätzungsweg und erließ Bescheide über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO. Außerdem bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Streitteilen in Bezug auf die Richtigkeit der Steuerklärungen 2013 und 2014.

Der Kläger begehrt vom Beklagten als Geschäftsführer Schadenersatz für den als ehemaligen Kommanditisten erlittenen Schaden. Aufgrund der verspäteten und nicht richtig bei der Abgabebehörde eingereichten Feststellungen der Einkünfte der KGs und aufgrund der Verletzung der Pflicht, steuerliche Aufzeichnungen ordnungsgemäß zu führen, sei dem Kläger ein Schaden entstanden. In eventu begehrt der Kläger die Feststellung, dass der Beklagte an die KGs Schadenersatz zu leisten hat, damit diese wiederum dem Kläger den Schaden ersetzen können.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, da der Beklagte nicht passiv legitimiert sei. Der Kläger müsse seine Ansprüche gegen die KGs geltend machen. Der Kläger sei außerdem für eine actio pro socio nicht aktiv legitimiert.

Der OGH sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig und auch berechtigt sei. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet direkt gegenüber der KG (vgl. 6 Ob 171/15p). Der Geschäftsführer haftet jedoch nur gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter. Es gibt keinen direkten deliktischen Schutz für Nachteile im Vermögen des Gesellschafters, die den Schaden der Gesellschaft reflektieren (Reflexschaden – wird in Deutschland jedoch oft schon bejaht). Es gibt auch Stimmen in der Lehre, die dies bejahen (vgl. 6 Ob 248/20v).

Schadensverlagerung

Der OGH konnte jedoch dem Argument des Klägers, dass die Rechtsfolgen von rechtswidrigen Handlungen des Geschäftsführers hier aufgrund der besonderen Steuerrechtslage der KGs unmittelbar die Gesellschafter treffen, etwas abgewinnen. Grundsätzlich kann der mittelbar Geschädigte keinen Schadenersatz verlangen. Vermögensschäden sind jedoch dann zu ersetzen, wenn die Ausuferung von vornherein ausgeschlossen ist, also der Schaden, der typischerweise bei ersatzberechtigten Personen eintritt, plötzlich atypischerweise bei anderen grundsätzlich nicht ersatzberechtigten Personen eintritt, ohne, dass sich das Schadensausmaß verändert. Dann liegt eine Schadensverlagerung vor. Der Dritte muss zum Schädigungszeitpunkt wegen der besonderen Rechtsbeziehung zum Verletzten das wirtschaftliche Risiko der Rechtsgutsverletzung tragen und der unmittelbare Verletzer darf keinen Vermögensnachteil haben. Eine bloße Schadensverlagerung entlastet den Schädiger nicht, weil der für den Eintritt des Schadens verantwortliche Schädiger nicht nur deshalb von der Ersatzpflicht befreit werden darf, weil der Schaden wegen Rechtsbeziehung nicht beim Verletzten, sondern beim Dritten eintritt. Dies liegt im konkreten Fall auch vor.

Die Personengesellschaft mit betrieblichen Einkünften ist eine Mitunternehmerschaft im steuerlichen Sinn. Die Personengesellschaft ist in ertragssteuerrechtlicher Hinsicht nicht Steuersubjekt. Der jährliche Gewinn bzw. Verlust wird unmittelbar bei ihren Gesellschaftern nach ihren Beteiligungen besteuert und nicht bei der Gesellschaft selbst.

Wenn der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH Ertragssteuererklärungen für die KG nicht fristgerecht abgibt und es so zu unrichtigen Feststellungsbescheiden kommt, wirkt sich die überhöhte Gewinnfeststellung nicht im Vermögen der KG aus, sondern im Vermögen der Gesellschafter wegen einer überhöhten Einkommenssteuervorschreibung. Der Kläger kann in diesem Fall daher als mittelbarer Geschädigter aufgrund der bloßen Schadensverlagerung Schadenersatz vom Beklagten fordern.

Actio pro socio

Der Kläger wäre als Kommanditist auch grundsätzlich berechtigt, eine actio pro socio zu Gunsten der KG zu erheben. Die actio pro socio wird generell von Rechtsprechung und Lehre seit Langem anerkannt. Seit der GesbR-Reform ist diese auch in § 1188 ABGB positiviert. Wegen der subsidiären Anwendbarkeit des Rechts des GesbR ist die Bestimmung auch im Bereich der eingetragenen Personengesellschaften beachtlich. Jeder einzelne Gesellschafter, auch der von der Geschäftsführungsvertretung ausgeschlossene, demnach auch ein Kommanditist, kann eine actio pro socio erheben.

Gegenständlich ist hier jedoch relevant, dass für die Erhebung einer actio pro socio bei Geltendmachung die Gesellschaftereigenschaft noch vorliegen muss. Die actio pro socio steht daher einem ehemaligen Gesellschafter, wie hier dem Kläger, nicht zu.

Der OGH hat die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen, weil fraglich war, ob beim Kläger überhaupt ein Schaden eingetreten ist.

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