Geschäftsführer als Dienstnehmer nach dem Patentgesetz

Geschäftsführer als Dienstnehmer nach dem Patentgesetz

Ob ein Geschäftsführer als Dienstnehmer anzusehen ist, hängt vom Ausmaß seiner Beteiligung ab. Hat der Dienstnehmer aufgrund seiner Anteile wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung, ist er nicht als Dienstnehmer zu qualifizieren.

Sachverhalt

Der Kläger vereinbarte mit einer Gesellschaft als Investor, dass der Kläger zu 40 % und der Investor zu 60 % Mitgesellschafter der beklagten GmbH sein sollten. Erfindungen und Neuentwicklungen des Klägers standen nach der Vereinbarung allein der Beklagten zu. Der Kläger sollte als Geschäftsführer der Beklagten das operative Geschäft inklusive Forschung und Entwicklung samt Produktverbesserung, Vertrieb und Produktion leiten. Die Gesellschaftervereinbarung sah für maßgebliche Angelegenheiten eine 75%ige Mehrheit vor. Der Kläger konnte durch sein Abstimmungsverhalten in der Generalversammlung über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende Weisungen der Generalversammlung an sich selbst als Gesellschafter-Geschäftsführer blockieren. Hinsichtlich vorhandener und zu entwickelnder Patente erhielt der Kläger weder Weisungen, noch Vorgaben oder Einschränkungen.

Mit 12.7.2011 trat der Kläger seine Geschäftsanteile ab. Am 18.3.2013 wurde er als Geschäftsführer entlassen. Er begehrte in Folge gerichtlich die Rechnungslegung und Bezahlung der erzielten (sowie zukünftig zu erzielenden) Umsätze aus Lizenzgebühren resultierend aus die von ihm erbrachten Diensterfindungen. Eventual begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte für sämtliche Schäden aus entgangenen Vergütungen sowie Schäden aus allfälliger Nichtanmeldung/Löschung/Untergang/Unterlassung der Verlängerung der Schutzrechte hafte.

Der Kläger brachte vor, er habe sämtliche Erfindungen selbst entwickelt und dafür keine Vergütung erhalten, obwohl die auf den Erfindungen beruhenden Patente den grundlegenden wirtschaftlichen Wert aller unternehmerischer Tätigkeiten der Beklagten ausmachten. Die Ansprüche stützte der Kläger unter anderem auf den Rechtsgrund überlassener Diensterfindungen gemäß §§ 6 ff PatG.

Entscheidungen des Erst- und Berufungsgerichts

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Anspruch auf Rechnungslegung und in Folge der Bezahlung der sich daraus ergebenden Beträge habe der Kläger nicht, da der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sperrminorität kein Dienstnehmer iSd §§ 6 ff PatentG gewesen sei. Selbst nach Abtretung komme dem Kläger keine Dienstnehmereigenschaft iSd PatG zu, weil aufgrund der Gesellschaftervereinbarung für ihn die Möglichkeit bestanden habe, im Fall des zukünftigen Überschreitens der Zielvorgaben die Geschäftsanteile (und damit seine Sperrminorität) wiederzuerlangen.

Das Berufungsgericht entschied wie folgt: Der Kläger sei vor Abtretung seiner Geschäftsanteile als Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sperrminorität nicht als Dienstnehmer iSd PatG anzusehen gewesen. Die Begehren, die diesen Zeitraum betreffen, wies das Berufungsgericht in Folge mit Urteil ab. Nach Abtretung der Geschäftsanteile bis zu seiner Entlassung habe er als Fremdgeschäftsführer jedoch über keine beherrschende Stellung im Unternehmen mehr verfügt. In dieser Zeit komme ihm Dienstnehmereigenschaft zu. Betreffend diesen Teil ging das Berufungsgericht mit einer Aufhebung vor und wies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, da zu den Fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Gesellschafter-Geschäftsführer bzw organschaftlicher Fremdgeschäftsführer als Dienstnehmer iSd PatG zu qualifizieren sei und ob das vom Kläger auf dem PatG beruhende, für die Zukunft erhobene Feststellungsbegehren zulässig sei, noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Der Kläger beantragte mittels Revision die Abänderung des Berufungsurteil im Sinn einer vollen Klagsstattgebung. Die Beklagte hingegen beantragte Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss.

Entscheidung des OGH: Zur Revision des Klägers

Der OGH entschied, dass die Revision des Klägers mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig ist und führte aus wie folgt:

Der Zweck der Bestimmungen des Patentgesetzes über die Erfindungen von Dienstnehmern (§§ 6 ff PatG) liegt darin, den persönlich abhängigen Dienstnehmer im Fall einer Diensterfindung zu schützen und ihm den Anspruch auf die Erteilung eines Patents und auf die Gewährung einer Vergütung zu sichern (RS0071252).

Der Dienstnehmerbegriff des PatG orientiert sich nach herrschender Auffassung an den Begriffselementen des Dienstvertrags iSd § 1151 ABGB.

Besteht ein gesellschaftsrechtliches oder gesellschaftsähnliches Verhältnis sind die Bestimmungen des § 6 ff PatG grundsätzlich nicht anwendbar, weil die Parteien des Gesellschaftsverhältnisses auf eigene Rechnung und Gefahr tätig werden, während die vom PatG erfassten Dienstnehmer lediglich die vereinbarte Arbeit frei von Verpflichtungen und unternehmerischen Risken schulden.

In diesem Sinne ist auch die Organstellung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft mit der Annahme der Dienstnehmereigenschaft iSd §§ 6 ff PatG mangels persönlicher Abhängigkeit und stark ausgeprägter Unternehmerfunktion nicht vereinbar (4 Ob 5/85). Auch bei Vorliegen eines Anstellungsvertrags mit Verweisung auf das AngG sind die §§ 6 bis 17 PatG auf Vorstandsmitglieder einer AG nicht anzuwenden (RS0071234).

Nach arbeitsrechtlicher Rechtsprechung ist zu prüfen, inwieweit die Anteile des Gesellschafter-Geschäftsführers einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ermöglichen. Ein derartiger Einfluss kann auch dann bejaht werden, wenn die Beteiligung zwar geringer als 50 % ist, ihm aber aufgrund des Gesellschaftsvertrags eine Sperrminorität zusteht, die ihn befähigt, Beschlüsse der Generalversammlung in den für seine persönliche Abhängigkeit wesentlichen Angelegenheiten zu verhindern. Bei beherrschendem Einfluss auf die Gesellschaft ist eine Dienstnehmereigenschaft ausgeschlossen (8 ObA 68/02m).

Die Beurteilung, ob im konkreten Einzelfall die Dienstnehmereigenschaft zu bejahen ist, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RS0111914).

Ist sohin die Dienstnehmereigenschaft des Erfinders zu verneinen, sind die §§ 6 ff PatG nicht direkt anwendbar.

Entscheidung des OGH: Zum Rekurs der Beklagten

Zum Rekurs der Beklagten führte der OGH aus wie folgt:

Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, ist für den Gesellschafter-Geschäftsführer maßgeblich, inwieweit dessen Anteile einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ermöglichen (RS0021243 [T2]).

Ab Abtretung sämtlicher Geschäftsanteile und Verlust seiner Sperrminorität war der Kläger als Fremdgeschäftsführer tätig und war als solcher in den wesentlichen Belangen nicht mehr weisungsfrei, weil er Weisungen der Generalversammlung an sich nicht mehr verhindern konnte. Eine Feststellung, nach der er weisungsfrei gestellt gewesen wäre, besteht nicht. Zudem war ihm ab dem Zeitpunkt der Abtretung seiner Gesellschaftsanteile seine bisherige Zuständigkeit für den Vertrieb entzogen worden. Wenngleich er zu vorhandenen und neu zu entwickelnden Patenten weiterhin keine Vorgaben und Einschränkungen erhielt, hatte er jeweils im Nachhinein von den erfolgten Patentanmeldungen zu berichten. Unter Gesamtbetrachtung ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Tätigkeit des Klägers habe im Zeitraum nach der Abtretung der Geschäftsanteile keine unternehmerischen Züge mehr aufgewiesen, sodass seine Dienstnehmereigenschaft iSd §§ 6 ff PatG zu bejahen sei (unter der Voraussetzung, dass er der Beklagten patentfähige Erfindungen überlassen hat), richtig und nicht zu beanstanden.

Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 5/85 (auf welche die Beklagte und Rekurswerberin ihre Argumentation fußte) war die Frage, ob ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft in Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit (auf Grundlage eines Anstellungsvertrags) Dienstnehmereigenschaft iSd PatG zukommt. Dies wurde im Hinblick darauf verneint, dass der Vorstand einer AG das willensbildende Organ sei und ein Mitglied des Vorstands als solches keine Vorgesetzten habe, in Ausübung seiner Geschäftsführungstätigkeit grundsätzlich weisungsfrei sei und das Unternehmen unter eigener Verantwortung selbständig leite (RS0071234). Davon unterscheidet sich aber die für den Kläger ab der Abtretung seiner Geschäftsanteile am 12.7.2011 gegebene rechtliche Situation deutlich.

Die vom Erstgericht getroffene Feststellung ändert an der Sache nichts. Nach dieser hatte der Kläger noch bis zu seiner Entlassung am 18.10.2013 im Unternehmen einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung sowie einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen im Unternehmen. Daraus lässt sich ableiten, dass der Kläger seiner Aufgabe, das Unternehmen zu leiten, auch als Fremd-Geschäftsführer nachgekommen ist. Dem Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens infolge Abweichens von dieser Feststellung kommt daher keine Berechtigung zu.

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