Bauherrenhaftung bei Unfall eines selbständigen Unternehmers

Bauherrenhaftung bei Unfall eines selbständigen Unternehmers

Da sich der Schutz des BauKG nicht auf den selbständigen Unternehmer erstreckt, kann sich ein beklagter Bauherr auch nicht darauf berufen, er habe den Nebenintervenienten wirksam zum Baukoordinator bestellt und für dessen unzureichende Sicherheitsmaßnahmen nicht einzustehen. Für die Haftung des Werkbestellers gegenüber dem Werkunternehmer ist vielmehr § 1169 ABGB einschlägig.

Der Beklagte errichtete als Bauherr im unmittelbaren Nahbereich seines Gasthauses ein „Almdorf“ sowie Personalwohnungen. Der dem Prozess auf seiner Seite beigetretene Nebenintervenient, ein Baumeister, übernahm die Funktion des Baustellenkoordinators, wobei ein schriftlicher Vertrag darüber nicht geschlossen wurde.

Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese war von dem vom Beklagten mit der Planung, Bauleitung, Bauaufsicht und Statik beauftragten weiteren Baumeister mit der Durchführung von Bohrungen beauftragt worden.

Als der Kläger zur Arbeit erschien, wurde ihm von diesem Baumeister jene Stelle gezeigt, wo er Bohrungen vorzunehmen hätte. Bei seiner Frage nach einem Stromanschluss erhielt der Kläger von einem Arbeiter die Auskunft, er müsse zu Haus Nr 1 gehen, wo eine betonierte Stiege zum Eingangsbereich führte.

Nachdem der Kläger auf der Suche nach einem Stromanschluss den Weg zum Eingang des Hauses Nr 1 über die Betonstiege genommen und nach dem Anschluss der Kabel diese aus einer Fensteröffnung hinausgeworfen hatte, verließ er den Innenbereich des Hauses. Dabei setzte er in der Absicht, die Schaltafelabdeckung über dem Lichtschacht als schnelleren Weg zu nehmen, einen Fuß darauf, wobei die Schaltafeln verrutschten und der Kläger durch den Schacht ins Kellergeschoss stürzte und sich schwer verletzte.

Der Kläger begehrte nun Schmerzengeld und Ersatz für weitere Schäden sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche „Verletzungsfolgen und Schadenersatzansprüche“ aus dem Unfall. Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, er habe einen Baustellenkoordinator bestellt und nach den einschlägigen Vorschriften für allfällige Versäumnisse dieser Person nicht einzustehen.

Entscheidung des OGH

Als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der vom beklagten Bauherrn mit bestimmten Bauleistungen beauftragten GmbH handelt es sich beim Kläger um keinen Arbeitnehmer im Sinne des BauKG, sondern vielmehr um einen Selbständigen gemäß § 2 Abs 8 BauKG. Damit ist er vom unmittelbaren Anwendungsbereich des BauKG nicht erfasst.

Für die Haftung des Werkbestellers gegenüber dem Werkunternehmer ist in Folge § 1169 ABGB einschlägig, der die sinngemäße Anwendung des § 1157 ABGB auf den Werkvertrag anordnet. Den Besteller eines Werks trifft eine unabdingbare und der des Dienstgebers ähnliche Fürsorgepflicht (RS0021602).

Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger klar sein musste, dass die von ihm als „Laufbrücke“ benützten Schalungsbretter verrutschen und zum Absturz führen könnten. Damit hat ersichtlich auch der Nebenintervenient nicht gerechnet, der die Anweisung gegeben hatte, die Abdeckung so fest anzubringen, dass nicht verschoben werden kann.

Bezogen auf den vorliegenden Fall ist dem Beklagten vorzuwerfen, die gebotene Absicherung durch eine Absturzsicherung am Podest und ein Geländer bzw einen Handlauf an der betonierten Stiege unterlassen zu haben, obwohl die Schalungsplatten nicht ausreichend gegen ein Abrutschen nach unten gesichert waren und durch die Querleisten zudem der Eindruck vermittelt wurde, man könnte diese Abdeckung als „Laufbrücke“ verwenden.

Dem Kläger ist hingegen anzulasten, den nicht von vornherein als ungefährlich zu betrachtenden Weg über die vermeintliche „Laufbrücke“ genommen zu haben, anstatt – wie beim Aufstieg – über die Betonstiege zu gehen, auch wenn dort der abgestellte Arbeitstisch den Durchgang erschwert hat.

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