Anpassung eines Vertrages – Wegfall der Geschäftsgrundlage

Anpassung eines Vertrages – Wegfall der Geschäftsgrundlage

Eine Veränderung der Verkehrsanbindung durch Bauarbeiten, die zu keinem erheblichen Nachteil führt, begründet keine Bauzinsreduzierung und schon gar nicht den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft und begehrt von der Beklagten, welche als Bauchrechtsberechtigte dem Baurechtsvertrag beigetreten ist, den Wertsicherungsbetrag des Bauzinses iHv 27.904,61 EUR.

Bei dieser Entscheidung setzt sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage auseinander, wie weit Verträge mit dem Argument des Wegfalls der Geschäftsgrundlage verändert werden können. Ausgangssachverhalt war, dass die Beklagte ein Baurecht auf einem Grundstück hatte und die Klägerin den Baurechtszins erhöhen wollte. Die Baurechtsnehmerin, also die Beklagte, war jedoch der Meinung weniger zahlen zu müssen, weil die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Sie begründete die Reduktion damit, dass sich die Zufahrtsmöglichkeiten auf ihr Grundstück aufgrund von Bauarbeiten verschlechtert hätten. Anhand dieses Ausgangssachverhaltes legte der Oberste Gerichtshof die Grundsätze der Anpassung eines Vertrages aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dar. Er hielt Folgendes fest:

Erstens erfordert die Vertragstreue, dass jeder Vertragsteil die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfüllt und das Risiko eines Fehlschlags seiner Erwartungen selbst tragen muss. (3 Ob 143/18b) Der Wegfall der Geschäftsgrundlage ist nur als letztes Mittel heranzuziehen (RS0017454).

Zweitens wurde die durch die Beklagte angeführte Änderung der Verkehrsanbindung und die daraus resultierende Bauzinsanpassung durch den OGH so beurteilt, dass es durch die Umbauarbeiten zwar zu einem Wegfall von einem Fußgängerübergang gekommen sei, sowie das Zufahren zur Liegenschaft erschwert wurde, die Erreichbarkeit allerdings nach wie vor gegeben sei. Inwieweit durch die Änderungen der Verkehrsführung überhaupt ein Nachteil für die Beklagte entstanden sei, konnte nicht festgestellt werden.

Drittens konnte der OGH aus dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen, dass die Veränderung der Verkehrsanbindung überhaupt einen Einfluss auf die geschäftliche Entwicklung zwischen den beiden Geschäftspartnern hatte. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob eine Verschlechterung der Verkehrsanbindung den Wert des Baurechts reduziert, stellte sich daher nicht.

Aus der Entscheidung kann daher abgeleitet werden, dass die erfolgreiche Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage jedenfalls nur unter folgenden Voraussetzungen möglich ist:

  • sie ist nur als letztes Mittel zulässig
  • sie hat zu unterbleiben, wenn der Vertrag nach seinem Zweck nicht lückenhaft ist.
  • es muss die (behauptete) Geschäftsgrundlage (hier Erreichbarkeit des Grundstückes) vollständig weggefallen sein.
  • es muss der (behauptete) Wegfall der Geschäftsgrundlage eine konkrete (negative) Auswirkung (hier auf die geschäftliche Entwicklung der Baurechtsnehmerin) gehabt haben.

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