Vollmachtslose Beauftragung durch Privatstiftung

Vollmachtslose Beauftragung durch Privatstiftung

Ein Vertrag ist schwebend unwirksam, wenn der Vertreter bei dessen Abschluss seine im Innenverhältnis bestehenden Pflichten, wenn auch ohne Schädigungsvorsatz, überschritten hat und dem anderen Teil dieser Umstand bekannt war oder sich geradezu aufdrängen musste.

Sachverhalt

Der Zweit- und der Drittbeklagte sind gemeinsam vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder einer österreichischen Privatstiftung. Sie haben die Betreuung der Stiftung ihrem Vorstandskollegen, Dr. Z., zur Gänze überlassen. Der Zweit- und der Drittbeklagte wussten von Unregelmäßigkeiten, kümmerten sich jedoch lange nicht um diese. Sie hatten jedoch irgendwann Bedenken wegen ihrer Untätigkeit, mangels Wissens der österreichischen Rechtslage und der tatsächlichen Verhältnisse in der Stiftung, selbst in Haftung genommen zu werden, und den Verdacht, dass Vorstandskollege Dr. Z. mit der Stiftung unrechtmäßige In-Sich-Geschäfte (Insichgeschäfte) machte und die Verpfändung von Stiftungsvermögen durchführt.

Sie bevollmächtigten daher den Erstbeklagten, einen Rechtsanwalt, auf dessen Initiative hin im Namen der Stiftung mit der Überprüfung des Verdachts und zur allfälligen Einleitung von rechtlichen Schritten. Dem Erstbeklagten war bewusst, dass es dafür keinen satzungskonformen Vorstandsbeschluss mit der entsprechenden Mehrheit gibt. In der Stiftungsurkunde ist zur Geschäftsführung geregelt, dass der Vorstand beschlussfähig ist, wenn in einer Sitzung mehr als die Hälfte der Mitglieder, darunter der Vorsitzende oder sein Stellvertreter, anwesend sind, und dass Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

Der Erstbeklagte legte Honorarnoten für seine Tätigkeit für die Stiftung von Mai bis September 2013. Der Zweit- und der Drittbeklagte gaben die Honorarnoten frei.

Der Stifter beauftragte seinen Rechtsanwalt (den nunmehrigen Kläger), welcher mit dem Zweit- und dem Drittbeklagten Kontakt aufnahm und seine Bedenken bezüglich der Beiziehung des Erstbeklagten äußerte. Der Zweit- und der Drittbeklagte traten dann als Vorstandsmitglieder zurück und schieden nach einigem Hin und Her nach Änderung der Stiftungsurkunde als bisherige Stiftungsvorstände aus.

Die Stiftung trat die Ansprüche gegen die Beklagten an den Kläger (Rechtsanwalt des Stifters) ab, welcher mit gegenständlicher Klage vom Erstbeklagten die unberechtigten rechtsgrundlos ausbezahlten Honorare zurückforderte und gegenüber dem Zweit- und Drittbeklagte einen Schadenersatzanspruch aufgrund der Pflichtverletzung geltend machte.

Entscheidung Unterinstanzen

Sowohl die erste als auch die zweite Instanz gaben dem Klagebegehren statt. Die Beauftragung des Erstbeklagten war nicht wirksam, da im Innenverhältnis zur Stiftung die formale Einberufung aller Vorstandsmitglieder unterlassen wurde, das Anwesenheitsquorum verletzt wurde und der Erstbeklagte dies wusste. Die Beauftragung des Erstbeklagten war außerdem nicht im Interesse der Stiftung und wurde nicht nachträglich durch die Stiftung genehmigt.

Entscheidung des OGH

Der OGH schloss sich der Ansicht der Unterinstanzen an. Jeder ordnungsgemäßen Vertretung im Außenverhältnis hat grundsätzlich eine entsprechende Geschäftsführungshandlung im Innenverhältnis vorauszugehen. Der Stiftungsvorstand muss seine Aufgaben mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters erfüllen. Der vom Zweit- und Drittbeklagte auf Vorschlag des Erstbeklagten unternommene Alleingang unterläuft zwingenden Kontrollmechanismen der Privatstiftung. Wäre diese Vorgangsweise zulässig, könnte dies dazu führen, dass Vorstandsmitglieder jeweils gegeneinander Schadenersatzansprüche geltend machen, wobei sich jeder auf die Vertretung der Privatstiftung berufen würden. Die Beauftragung des Erstbeklagten hätte einer Beschlussfassung im Gesamtvorstand der Privatstiftung bedurft. Es bestand keine besondere Dringlichkeit, derart vorzugehen.

Potentielle Geschäftspartner müssen nicht die Geschäftsführerbefugnis des handelnden Organs prüfen. Dritte, die von internen Pflichtverletzungen jedoch wissen, sind nicht schutzwürdig. Dies gilt sowohl für den Vollmachtsmissbrauch im engeren Sinn, als auch bei sonstiger Überschreitung von den im Innenverhältnis bestehenden Bindungen. Ein Vertrag ist schwebend unwirksam, wenn der Vertreter bei dessen Abschluss seine im Innenverhältnis bestehenden Pflichten, wenn auch ohne Schädigungsvorsatz, überschritten hat und dem anderen Teil dieser Umstand bekannt wurde oder sich geradezu aufdrängen musste. Ein Vorsatz, dass das geschlossene Geschäft für den Vertreter nachteilig und für Dritte erkennbar war, muss nicht vorliegen.

Der Zweit- und der Drittbeklagte haften daher solidarisch für alle an den Erstbeklagten unter Verletzung der Vorschriften über die interne Willensbildung der Privatstiftung ausbezahlten Beträge.

Da für die Tätigkeit des Erstbeklagten keine Beauftragung der Privatstiftung vorliegt, hat er die geleisteten Honorarzahlungen gemäß § 1431 ABGB zurückzuzahlen. Lag jedoch ein Nutzen für die erbrachte Leistung vor, muss dafür ein angemessener Lohn bezahlt werden. Gegenständlich gibt es jedoch keine Grundlage für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Erstbeklagten, da die Leistungen vom Zweit- und Drittbeklagten hätten erbracht werden müssen. Die Leistungen waren somit im Interesse des Zweit- und Drittbeklagten, jedoch nicht im Interesse der Privatstiftung.

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