Mitversicherter Aufseher im Betrieb

Mitversicherter Aufseher im Betrieb

Für die Mitversicherung nach § 151 VersVG Abschnitt A Z 1.3.1 EHVB genügt eine Weisungsbefugnis im Einzelfall, es genügt daher die Position eines Aufsehers im Betrieb nach § 333 Abs 4 ASVG. Eine ständige Beauftragung ist nicht (mehr) erforderlich.

Die VN war mit Dachdeckerarbeiten beauftragt. Im Zuge der Arbeiten forderte der Vorarbeiter die Mitarbeiter der VN und auch den später Verunfallten mehrmals ausdrücklich auf, sich mit dem auf der Baustelle vorhandenen Sicherheitsgeschirr zu sichern. Diese Anweisungen wurden von allen Arbeitern ignoriert. Als seine neuerliche Anordnung, der später Verunfallte möge sich sichern, wiederum ignoriert wurde, kontaktierte er den Bauleiter telefonisch. Diesem teilte er mit, dass sich die Arbeiter auf der Baustelle nicht sicherten und sie seine diesbezüglichen Anweisungen ignorierten. Er wollte mit diesem Anruf jegliche Verantwortung abgeben und ersuchte um Unterstützung. Sinngemäß teilte der Bauleiter ihm aber mit, dass er die Arbeiten auf der Baustelle schlicht fertig zu stellen habe und die fehlenden Sicherungen keine Rolle spielten. In weiterer Folge ereignete sich ein Arbeitsunfall, bei dem ein Arbeiter 7 Meter abstürzte.

Relevante Bestimmungen der EHVB

Abschnitt A: Allgemeine Bedingungen für alle Betriebsrisiken

1.3. Mitversichert sind im Rahmen der Punkte 1. und 2. Schadenersatzverpflichtungen

1.3.1 der gesetzlichen Vertreter des Versicherungsnehmers und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebs oder eines Teils desselben angestellt hat;

1.3.2 sämtlicher übriger Arbeitnehmer für Schäden, die sie in Ausübung ihrer dienstlichen Verrichtung verursachen, jedoch unter Ausschluss von Personenschäden, soweit es sich um Arbeitsunfälle unter Arbeitnehmern des versicherten Betriebs im Sinn der Sozialversicherungsgesetze handelt.

OGH-Entscheidung

Vom OGH war zu klären, ob es sich bei dem Vorarbeiter um einen Aufseher im Betrieb nach Punkt 1.3.1. der EHVB handelt oder um einen Arbeitnehmer nach Punkt 1.3.2. der EHVB, wie in diesem Fall Personenschäden, soweit es sich um Arbeitsunfälle unter Arbeitnehmern des versicherten Betriebs im Sinn der Sozialversicherungsgesetze handelt, von der Deckung ausgeschlossen sind.

Die Betriebshaftpflichtversicherung erstreckt sich kraft Gesetz ( § 151 Abs 1 VersVG) auf die Haftpflicht der Vertreter des Versicherungsnehmers sowie auf die Haftpflicht solcher Personen, welche er zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder eines Teils des Betriebs angestellt hat. Dem entspricht auch Abschnitt A Z 1.3.1 EHVB. Solche Personen, die der Versicherungsnehmer zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebs- oder eines Teils desselben angestellt hat, bezeichnet § 333 Abs 4 ASVG als „Aufseher im Betrieb“. Die Mitversicherung des Leitungs- und Beaufsichtigungsrisikos hat den erkennbaren Zweck, diejenigen Betriebsangehörigen im Schadensfall zu schützen, die aufgrund ihrer Stellung im versicherten Betrieb einer besonderen Mitverantwortung ausgesetzt sind.

Sowohl dem Vertreter des Dienstgebers als auch dem Aufseher des Betriebs ist gemeinsam, dass sie entweder eine nicht nur kurzfristige Leitungs- und Überwachungsfunktion im Betrieb oder auch ohne Dauerfunktion eine in tatsächlicher Hinsicht mit Weisungsbefugnis im Einzelfall ausgestattete Machtposition innehaben, welche ihnen ermöglicht, direkt auf die beaufsichtigten Dienstnehmer hinzuwirken (Reisinger in Fenyves/Schauer § 151 VersVG Rz 1; ders in Hartjes/Janka/Reisinger, Die Haftpflichtversicherung [2017] Bd 2 10 f; Maitz in AHVB/EHVB Allgemeine und Ergänzende Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung [2018] 269 f).

Der Oberste Gerichtshof hält hier seine in 7 Ob 8/18d dargelegte Ansicht, dass es für die Mitversicherung nach § 151 VersVG/Abschnitt A Z 1.3.1 EHVB einer ständigen Beauftragung bedarf, nicht aufrecht. Für die Mitversicherung nach § 151 VersVG Abschnitt A Z 1.3.1 EHVB genügt eine Weisungsbefugnis im Einzelfall, es genügt daher die Position eines Aufsehers im Betrieb nach § 333 Abs 4 ASVG.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts arbeiteten die übrigen am Unfallsort tätigen Arbeitnehmer unter Anleitung des bei der VN angestellten Vorarbeiters. Ihm kam damit die Stellung eines Aufsehers im Betrieb zu. Daraus folgt, dass der Vorarbeiter als Aufseher im Betrieb nach Abschnitt A Z 1.3.1 EHVB mitversichert ist, woraus die Deckungspflicht der Beklagten folgt, ohne dass der Ausschluss nach Abschnitt A Z 1.3.2 EHVB zur Anwendung gelangt.

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