Vertretung von minderjährigen Gesellschaftern

Vertretung von minderjährigen Gesellschaftern

Minderjährige Gesellschafter können von ihren Obsorgeberechtigten vertreten werden, auch wenn diese ebenfalls Gesellschafter sind. Die Bestellung eines Kollisionskurators ist nur für besondere Situationen (zB Satzungsänderung, Auflösungsvereinbarung) oder ad hoc unabdingbar.

Zwei minderjährige Kinder haben von ihrem Vater jeweils eine Beteiligung von 20% an einer GmbH geerbt. Die obsorgeberechtigte Mutter ist ebenfalls mit 20% an der GmbH beteiligt. Nach dem Tod des Vaters wurde für beide Kinder jeweils ein Kollisionskurator bestellt. Die Mutter beantragte nun im eigenen Namen sowie im Namen der beiden Kinder die gänzliche Beendigung der Kuratorbestellung.

Das Erstgericht gab dem Antrag im Zusammenhang mit der GmbH nicht statt. Das Rekursgericht änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass die beiden Kuratoren ihres Amtes enthoben wurde, jedoch mit Ausnahme des Wirkungskreises „Verwaltung der Geschäftsanteile der Pfelgebefohlenen an der GmbH sowie Ausübung des Stimmrechts“. Hinsichtlich der Geschäftsanteile der Minderjährigen sei demgegenüber weiterhin deren Vertretung durch die Kollisionskuratoren erforderlich, sei doch auch die Mutter Inhaberin von Anteilen im Ausmaß von 20 %. Würde sie die jeweils 20 % ihrer Söhne mitverwalten bzw deren Stimmrechte ausüben, hätte sie im Ausmaß von 60 % Einfluss auf die GmbH. Es wäre in diesem Sinn denkbar, dass bei Auseinanderklaffen der Interessen der Mutter und der Minderjährigen die Stimmrechtsausübung durch die Mutter einen Nachteil für die Minderjährigen bedeuten könnte.

Der OGH teilte die Ansicht des Rekursgerichtes nicht, und enthob die beiden Kuratoren ihres Amtes ohne Ausnahme. Der OGH fasst ausführlich die unterschiedlichen Lehrmeinungen zusammen und kommt zu dem Schluss, dass es überwiegend nur für besondere Situationen – so für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags mit dem Kind, für eine Satzungsänderung und für den Abschluss einer Auseinandersetzungsvereinbarung – als unabdingbar angesehen wird, für das Kind einen Kollisionskurator zu bestellen. Dies impliziert, dass grundsätzlich für den laufenden Geschäftsbetrieb einer Gesellschaft ein Kollisionskurator nicht als erforderlich betrachtet wird. In Deutschland wird ebensolches explizit ausgesprochen.

Nach Ansicht des Senats reicht eine denkbare, aber noch in keiner Weise konkret indizierte Möglichkeit, dass es später zu einem Interessenkonflikt kommen könnte, nicht hin, um allein aufgrund der gemeinsamen Gesellschafterstellung von Obsorgeberechtigtem und Kind und damit gleichsam prophylaktisch die Bestellung eines Kurators rechtfertigen zu können. Die gegenteilige Auffassung stünde zum einen in Konflikt mit der herrschenden gesellschaftsrechtlichen Auffassung, die etwa erst bei einer anstehenden Satzungsänderung oder Auflösungsvereinbarung die Bestellung eines Kollisionskurators für nötig hält. Dass etwa hinsichtlich Gewinnausschüttung unterschiedliche Interessen von Obsorgeberechtigtem und Kind denkbar sind – etwa wenn nur ersterer einen gewissen Geldbedarf hat –, rechtfertigt noch nicht die Kollisionskuratel, wird doch in solchen Fällen mit dem Instrumentarium der § 181 Abs 1 ABGB (Entziehung oder Einschränkung der Obsorge) und § 133 Abs 2 und 4 AußStrG (Aufsicht über die Überwachung des Vermögens), insbesondere mit Auftragserteilungen, und erforderlichenfalls mit einer Kuratorbestellung ad hoc in aller Regel das Auslangen gefunden werden können.

Warum ist diese Entscheidung für den Gesellschafterstreit relevant?

Sollten gegnerische Gesellschafter minderjährig sein, und durch Obsorgeberechtigte vertreten werden, könnte ein Gesellschafter im Falle einer Beschlussfassung, die nicht seinem Interesse entspricht, überlegen, mit dem Instrumentarium der § 181 Abs 1 ABGB (Entziehung oder Einschränkung der Obsorge) und § 133 Abs 2 und 4 AußStrG (Aufsicht über die Überwachung des Vermögens) die Bestellung eines Kurators für die gegnerischen Gesellschafter zu bewirken, welcher eventuell eine andere Ansicht als die Obsorgeberechtigten vertritt, und somit eine entsprechende Beschlussfassung verhindern oder zumindest verzögern. Eine Entziehung bzw. Einschränkung nach § 181 ABGB kann nämlich jeder anregen.

 

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