Verstoß gegen den Flächenwidmungsplan kann einen Rechtsmangel darstellen

Verstoß gegen den Flächenwidmungsplan kann einen Rechtsmangel darstellen

Verstößt die vertraglich vereinbarte Nutzung gegen Bestimmungen der Raumordnung, stellt dies einen Rechtsmangel dar. Der Mangel ist auch gegeben, wenn die Behörde die Untersagung der raumordnungswidrigen Nutzung bislang nur angedroht hat.

Die Klägerin errichtete in der Nähe eines bestehenden Hotels eine Chalet-Anlage. Die Beklagten kauften ein Chalet mit der Verpflichtung, dass dieses als Teil einer Ferienanlage durch eine Betreibergesellschaft touristisch weitervermietet werden soll. Allerdings informierte die Bezirkshauptmannschaft die Beklagten, dass diese Nutzung gegen jene im Flächenwidmungsplan ausgewiesene (Gebiet für Beherbungsgroßbetriebe mit mehr als 120 Gästezimmern) verstoße. Da das Hotel und die Chalets nicht vom selben Betreiber geführt wurden, liege eine widmungswidrige Nutzung vor und den Eigentümern bzw der Betreibergesellschaft solle die Nutzung nunmehr versagt werden.

Die Klägerin und Verkäuferin begehrt den nunmehr ausständigen Kaufpreis und führte aus, dass die Beklagten gegenüber der Bezirkshauptmannschaft selbst angegeben hatte, dass keine widmungswidrige Nutzung vorliege. Weiters sei die Nutzung der Chalets bislang nicht untersagt worden, weshalb kein Mangel vorliege.

Die Beklagten wandten die Mangelhaftigkeit des Kaufobjektes ein. Insbesondere war nur Platz für sieben statt zwölf Betten, der zugesagte Kinderspielplatz wurde nicht errichtet, der Wellnessbereich des Hotels konnte nicht mitbenutzt werden und der Zugang zum Chalet war nicht barrierefrei. Außerdem drohe der Anlage die behördliche Schließung, da das Hotel und die Chalets nicht vom selben Betreiber geführt wurden.

Das Erstgericht gab der Klage statt und stütze dies auf die fehlenden Betten, die fehlende Nutzungsmöglichkeit des Wellnessbereichs, den fehlenden barrierefreien Zugang und den Kinderspielplatz. Hinsichtlich der drohenden behördlichen Schließung führte das Erstgericht aus, dass die Klägerin ihre Leistung vertragsgemäß erbracht hätte.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung und stellte einen Rechtsmangel fest. Durch eine drohende behördliche Schließung der Anlage könne das Chalet nicht mehr wie im Kaufvertrag vorgesehen gewerblich vermietet werden. Den Beklagten und Käufern stehe deshalb das Leistungsfreigebungsrecht nach § 1052 ABGB zu.

Der oberste Gerichtshof hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und führte wie folgt aus:

Sachmängel sind Beeinträchtigungen der Sachsubstanz (1 Ob 105/08k; 8 Ob 113/21g). Demgegenüber liegt ein Rechtsmangel vor, wenn dem Erwerber nicht die geschuldete rechtliche Position verschafft wird (3 Ob 5/07t; 10 Ob 21/08y; 5 Ob 26/17k). Als Rechtsmangel kommen öffentlich-rechtliche Fehler wie beispielsweise das Fehlen einer baubehördlichen oder gewerberechtlichen Bewilligung in Betracht.

Der Argumentation der Klägerin, dass kein Rechtsmangel vorläge, da die Beklagten das Chalet bislang ohne Einschränkung nutzen konnten, folgte der oberste Gerichtshof nicht, weil es sich konkret nicht um eine theoretische Aufheb- oder Abänderbarkeit eines Bescheides gemäß § 68 Abs 3 AVG (3 Ob 5/07t) handelt, sondern die derzeitige Nutzung gegen die Vorgaben der Raumordnung verstoße. Sollte nun das Chalet aufgrund des Flächenwidmungsplanes nicht zu dem im Kaufvertrag vereinbarten Zweck verwendet werden können, so liegt ein Rechtsmangel vor, da die Klägerin den Beklagten nicht die nach dem Vertrag geschuldete rechtliche Position verschafft hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Behörde bereits eingeschritten war oder nicht.

Da die Vorinstanzen keine hinreichenden Feststellungen getroffen haben, ob die touristische Vermietung gegen die Vorgaben der Raumordnung verstößt, waren die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben, damit das Erstgericht dahingehende Feststellungen treffen konnte. Hervorzuheben ist allerdings, dass der oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung auch abermals die ständige Rechtsprechung bestätigte, wonach ein Zurückbehaltungsrecht des Kaufpreises nur dann möglich ist, wenn eine mangelhafte Leistung überhaupt zu verbessern ist. Ist ein Mangel nicht behebbar oder lässt der Verkäufer die Verbesserung nicht zu, wird der Werklohn dennoch fällig. Sollte das Erstgericht den behaupteten Rechtsmangel feststellen, handelt es sich wohl um einen unbehebbaren Mangel, sodass nur das Recht zur Preisminderung oder Wandlung zur Verfügung stünde. Ein Zurückbehaltungsrecht wäre in diesem Fall nicht gegeben.

Für die Praxis ist festzuhalten, dass bereits eine drohende behördliche Untersagung einer vertraglich festgelegten Nutzung einen Rechtsmangel darstellen kann. Allerdings sollte dabei stets beachtet werden, dass ein Zurückbehaltungsrecht nur in solchen Fällen rechtlich zulässig ist, wenn der Mangel verbesserbar bzw. der Verkäufer überhaupt zur Verbesserung bereit ist.

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