Schrauben in der Gartenmauer: Rechtsmissbräuchliches Unterlassungsbegehren

Schrauben in der Gartenmauer: Rechtsmissbräuchliches Unterlassungsbegehren

In diesem Rechtsstreit ging es um eine Gartenmauer zwischen zwei Eigengärten in einer Wohnhausanlage, die von einer Nachbarin errichtet wurde und an der von der benachbarten Wohnungseigentümerin (auf deren Seite) Natur-steinplatten angebracht und ein Schlauchabroller angeschraubt wurden.

Eine Eigentümerin einer Gartenwohnung hat zur Abgrenzung ihres Eigengartens von jenem der Nachbarin (mit deren Zustimmung) vor Jahren eine ca. 20 cm dicker Mauer errichten lassen, in der auch eine Hauptwasserleitung verlief. Auch dass die Mauer etwas aus dem Winkel, und somit zum Teil auf dem Eigengarten der Nachbarin stand, akzeptierte diese.

Die Nachbarin hat später auf der ihr zugewandten Seite (für die Errichterin der Mauer nicht sichtbar) aus optischen Gründen Natursteinplatten (Porphyr) anbringen lassen und einen Schlauchabroller mit 3 Schrauben montiert, die ca. 3 bis 4 Zentimeter in die Mauer reichten. Dies missfiel der Errichterin der Mauer und diese klagte auf Unterlassung (Entfernung) der Platten und des Schlauchabrollers.

Das Bezirksgericht Donaustadt als Erstgericht wies die Klage mit Hinweis auf das sog. „Schikaneverbot“ ab. Es sprach aus, dass das Interesse der Klägerin an der Wiederherstellung des vorherigen Zustands in krassem Missverhältnis mit den Interessen der Beklagten stehen. Die Rechtsausübung der Klägerin wurde als missbräuchlich angesehen, weil die Interessen der Klägerin gegenüber jener der beklagten Nachbarin offenkundig in den Hintergrund treten.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen als Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis, begründete die Klagsabweisung aber anders. Im Wesentlichen führte das Berufungsgericht aus, dass in einer Wohnhausanlage (also im Anwendungsbereich des WEG) – nicht zuletzt weil durch die Mauer eine Hauptwasserleitung führt ‑ die Mauer ein allgemeiner Teil des Hauses ist, welche ohnehin nicht im Alleineigentum der Klägerin steht. Insoweit besteht auch ein Unterschied zur Rechtsvermutung des § 857 ABGB, welcher Besitz- bzw. Eigentumsregeln für sog. „Scheidewände“ aufstellt. Die Klägerin meinte, dass sich die Mauer in ihrem Alleineigentum befinde, weil sie auf ihrem Grund errichtet sei. Diese Rechtsvermutung des Alleineigentums lässt sich aber nicht auf Wohnungseigentumsobjekte übertragen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes und meinte zudem, dass für bagatellhaftes Umgestalten, wozu eben auch das Anbohren von Wänden gehört (sofern darin verlaufende Leitungen nicht beschädigt werden) keiner Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer bedürfe. Das Einschlagen von Nägeln und das Bohren von Löchern für Schrauben sei daher vom ausschließlichen Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers umfasst. Dies gilt auch – wie hier – bei einer Gartenmauer, die zwar nicht im (Allein-)Eigentum der Beklagten steht, die sie aber (jedenfalls hinsichtlich der ihr zugewandten Seite) in faktischem physischem Besitz hat. Offenbar meint der OGH, dass ohne Zustimmung der Nachbarin niemand anderer in ihren Eigengarten und zu der Wand gelangen kann, weil der Zugang nur durch die Wohnung und Gartentür der Beklagten führt.

Zusammenfassung:

  • Die in dieser Entscheidung getroffenen Aussagen gelten nur für Mauern, die sich in einer Wohnhausanlage befinden.
  • Bei herkömmlichen Grenzmauern ist die Rechtslage anders.
  • Es gilt zwar auch dort das Schikaneverbot bei geringfügigen Eingriffen. Dieses ist aber im Einzelfall zu prüfen. So ist es bspw. nach den OGH-Entscheidung(en) OGH 1 Ob 61/00b, 1 Ob 580/91 und 6 Ob 603/82 (RS0011729) zulässig und stellt keine Schikane, wenn der Grundeigentümer, auf dessen Grund eine Begrenzungsmauer an die Grenzlinie angebaut ist, die Entfernung von Schrauben zur Befestigung eines Zaunes (des Nachbarn) verlangt. Hier hat der Eigentümer der Mauer ein Interesse daran, dass dadurch sein Grundstück mit keiner „Last“ belastet wird. Solche Belastungen könnten zB. die Ersitzung des Rechtes zur Befestigung des Zaunes sein, was eine Erschwernis darstellt, wenn einmal die Mauer entfernt werden sollte. Zu denken ist auch an die Vermutung von geteiltem Eigentum an der Grenzmauer nach § 857 ABGB, durch das befestigen des Zaunes an der Mauer.

zurück