Rügeobliegenheit beim Handelskauf

Rügeobliegenheit beim Handelskauf

Nach § 377 Abs 3 UGB hat der Käufer verborgene Mängel binnen angemessener Frist anzuzeigen. Die Dauer dieser Frist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, im Zweifel beträgt sie in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Art 39 UN-Kaufrecht 14 Tage.

Der Prokurist der Klägerin schloss aus einer Rückrufaktion des Generalimporteurs auf das Vorliegen eines Mangels. Ohne Anzeige an die beklagte Verkäuferin übergab er die Sache einem Anwalt. Der Anwalt erhob etwa sechs Wochen nach Einlangen des Rückrufschreibens bei der Klägerin die Klage.

Nach § 377 Abs 3 UGB hat der Käufer verborgene Mängel, somit Mängel die sich erst später zeigen, binnen angemessener Frist anzuzeigen. Die Dauer dieser Frist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Zweifel beträgt die Frist in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Art 39 UN-Kaufrecht 14 Tage (6 Ob 76/07f = RS0122080).

Auf Grundlage dieser Rechtsprechung bestätigt der OGH die Entscheidung der Vorinstanzen, dass damit die Frist die Frist des § 377 Abs 3 UGB versäumt wurde.

Da dem Prokuristen der Mangel schon aufgrund der Rückrufaktion bewusst war, war die Setzung einer angemessen Untersuchungsfrist nicht erforderlich.

Auch die Argumentation der Klägerin, dass die Beklagte aufgrund der auch ihr bekannten Rückrufaktion eine nachvertragliche Pflicht zur Aufklärung über den Mangel getroffen habe, führt ins Leere. Der Umstand, dass der Mangel (nachträglich) auch dem Verkäufer bekannt wurde, ändert jedenfalls für sich allein nichts an der Rügepflicht (8 Ob 45/06k).

Die Klägerin nennt im Übrigen keinen Grund, weshalb die Beklagte eine solche Pflicht getroffen hätte, bevor sie selbst durch die Rückrufaktion vom Mangel erfuhr. Ab Kenntnis der Klägerin vom Mangel käme der Tatbestand des (zumindest grob fahrlässigen) „Verschweigens“ jedenfalls nicht mehr in Betracht (RS0127766).

Mit dieser Entscheidung wiederholt der OGH die ständige Rechtsprechung. Aber wieso steht diese in einem Baurechts-Blog? Nun, das ist einfach erklärt. Neben klassischen Bau- und Planungsleistungen gehören auch reine Lieferungen, manchmal auch sog. Werklieferungen zum alltäglichen Baugeschäft. Es werden zB. Fenster, Fassadenplatten, haustechnische Anlagen oder vorgefertigte bewegliche Teile usw. oft direkt auf die Baustelle geliefert. Naturgemäß können diese Mängel aufweisen oder nicht der Bestellung entsprechen. Während beim „klassischen“ (Bau-)Werkvertrag über unbewegliche Sachen (idR Gebäude)– außer sie wäre vertraglich vereinbart – eine Mängelrüge nicht erforderlich ist, ist diese für Kauf- und Werklieferungsverträge zwingend (§§ 377, 381 UGB).

Die Praxis zeigt aber, dass Lieferungen von Vormaterialien häufig nicht an den Firmensitz des jeweiligen General- oder Subunternehmers erfolgen, sondern entweder direkt auf die Baustelle oder an dritte Unternehmer, die weitere Bearbeitungsschritte (zB Zuschnitt von Fassadenplatten) vornehmen, bevor sie dann endgültig eingebaut werden. Gerade in diesen Situationen wird die unverzügliche Untersuchung und ggf. die erforderliche Mängelrüge unterlassen oder einfach übersehen. Führt der Mangel am Vormaterial zu einem Mangel am Bauwerk, ist durch die unterlassene Rüge der Rückgriff (Regress) gegen den Vorlieferanten oft massiv eingeschränkt.

Denn die Rechtsprechung geht davon aus, dass dann, wenn der Käufer die Mängelanzeige unterlässt, er seine Ansprüche auf Gewährleistung und Schadenersatz sowie aus Irrtum nicht mehr geltend machen kann. Vom Verlust der Gewährleistungsrechte sind alle Rechte betroffen, die dem Käufer sonst gemäß § 932 ABGB zustehen würden. Der Ausschluss des Schadenersatzanspruchs umfasst nach dem Wortlaut des Gesetzes nur den Ersatz „wegen des Mangels selbst“. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass Mangelfolgeschäden trotz unterlassener Rüge geltend gemacht werden können, weil sonst unabsehbare und existenzbedrohende Schäden den Käufer unangemessen schwer belasten würden. Ob das Unterlassen der Rüge in solchen Fällen ein Mitverschulden begründen kann, ist unklar. Deliktische Ansprüche und solche aus Gefährdungshaftung bleiben trotz unterlassener Rüge aufrecht.

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