Bindungswirkung des Vorprozesses und Regress beim Subunternehmer

Bindungswirkung des Vorprozesses und Regress beim Subunternehmer

Die Frage nach der Verschuldensteilung zwischen General- und Subunternehmer kann im Prozess zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber offen bleiben und ist im Regressprozess zu klären

Im Zuge der Generalsanierung einer Volksschule im Jahr 2001 wurde auf dem Gebäudedach ein Hartplatz errichtet. Die Stadt Wien hatte die Klägerin mit der Herstellung der Metallsteher des Ballfangnetzes beauftragt. Die Klägerin ließ diese Arbeiten vom Beklagten als Subunternehmer ausführen. Mängel bei der Ausführung dieses Werks hatten zur Folge, dass es zur Beschädigung der Dachisolierung und dadurch zu einem Wassereintritt in das Gebäude kam.

Im Vorprozess wurde die Klägerin ausgehend von einem Mitverschulden der Stadt Wien von 50 % zur Haftung für die Schäden verurteilt.

Die Klägerin begehrte im nunmehrigen Verfahren vom Beklagten Ersatz, resultierend aus an die Stadt Wien geleisteten Prozesskosten und Schadenersatz aufgrund des Vorprozesses sowie eigenen Prozess- und Schadensbehebungskosten.

Entscheidung des OGH

Die Revision ist zulässig und in ihrem Aufhebungsantrag berechtigt, weil die Vorinstanzen den Umfang der Bindungswirkung der Entscheidung im Vorprozess verkannt haben.

Die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils erstrecken sich soweit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen. In diesem Rahmen sind sie daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, sofern ihnen in jenem Verfahren soweit unbeschränktes rechtliches Gehör zustand (RS0107338).

Feststellungen, die der Nebenintervenient wegen des Vorbringens seiner eigenen Partei nicht bekämpfen konnte oder die für das Urteil nicht wesentlich waren binden ihn nicht.

Bei der Inanspruchnahme nur eines von mehreren Schädigern ist auch nicht über die Beteiligung eines anderen Schädigers mitzuentscheiden (RS0017470). Die Frage nach der Verschuldensteilung zwischen General- und Subunternehmer kann im Prozess zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber offen bleiben und ist im Regressprozess zu klären (4 Ob 111/07p).

Aufgrund der Entscheidung im Vorprozess steht bindend fest, dass die vom Beklagten ausgeführte, eingangs näher beschriebene Montage der Metallsteher des Ballfangnetzes nicht lege artis war, also nicht den anerkannten Regeln des Handwerks, und auch nicht dem von der Klägerin der Stadt Wien geschuldeten Leistungsprogramm entsprach.

Dem gegenüber war es für den Ausgang des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich, ob die Klägerin oder der Beklagte den von der Stadt Wien geltend gemachten Schaden verursacht und zu verantworten hat. Es machte für den Vorprozess keinen Unterschied, ob der Beklagte die Steher infolge eines Fehlers der Klägerin oder ausschließlich aus eigenem Verschulden falsch errichtet hatte. Etwaige Feststellungen zu dieser Frage im Urteil des Vorprozesses waren daher keine notwendigen Elemente dieser Entscheidung und haben daher für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses der Streitteile dieses Verfahrens keine Bindungswirkung.

Der Beklagte konnte im Vorprozess auch nicht von der Klägerin zu vertretende Fehler geltend machen, hätte dies doch dem Vorbringen und Rechtsstandpunkt seiner dortigen Hauptpartei widersprochen.

Die für den Regressprozess wesentliche Frage, wer von den Beteiligten, hier also die Klägerin und der Beklagte, den Schaden überwiegend verursacht und verschuldet hat, ist daher bislang nicht bindend entschieden und auch in tatsächlicher Hinsicht infolge abweichender Rechtsansicht der Vorinstanzen ungeklärt geblieben.

Die Beurteilung, ob der Beklagte die Metallsteher infolge eines Fehlers der Klägerin oder ausschließlich aus eigenem Verschulden nicht lege artis errichtet hat, war im Vorprozess kein notwendiges Element dieser Entscheidung. Der Beklagte konnte im Vorprozess von der Klägerin zu vertretende Fehler auch nicht geltend machen, hätte dies doch dem Vorbringen und Rechtsstandpunkt seiner dortigen Hauptpartei widersprochen.

Aus dem Vorprozess folgt daher keine Bindungswirkung für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses der Streitteile, namentlich für die Frage, ob die Klägerin die von den Beklagten behaupteten Fehlleistungen zu vertreten hat.

Die Entscheidung behandelt eine im Bauprozess ganz typische Situation: Der Auftragnehmer wird vom Auftraggeber für Mängel bzw. Schäden in Anspruch genommen, die eigentlich der von ihm beauftragte Subunternehmer zu (mitzu-) verantworten hat. Aufgrund der Gehilfenzurechnung (§ 1313a ABGB) muss der Auftragnehmer dafür zunächst allein einstehen. Erst im darauf folgenden Regressprozess wird dann geklärt, ob den Subunternehmer Alleinverschulden am Schaden trifft oder ob auch den Auftragnehmer (z.B. durch Übergabe fehlerhafter Pläne oder mangelhafter Vorleistungen) ein Verschuldensanteil trifft, den er selbst zu tragen hat. Die Festlegung der quotenmäßigen Haftung zwischen Auftragnehmer und Subunternehmer findet ausschließlich im Regressprozess statt.

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