Zur Eingliederung eines Baukoordinators in das Unternehmen des Bauherrn

Zur Eingliederung eines Baukoordinators in das Unternehmen des Bauherrn

Die Frage, ob ein Baukoordinator in den Betrieb des Arbeitgebers oder (auch) in den Betrieb des Bauherrn eingegliedert ist, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen und hängt von den jeweiligen Vereinbarungen und deren Handhabung ab.

Auf einer Baustelle der Brennerbahnstrecke in Tirol ereignete sich ein Arbeitsunfall, bei dem ein als Sicherungsposten tätiger und bei den klagenden Sozialversicherungsträgern versicherter deutscher Staatsbürger tödlich verunglückt ist. Gegenstand des vorliegenden Falls bildeten die Ansprüche der Versicherungsanstalten (Klägerinnen) auf Ersatz der von ihnen aus Anlass des Unfalls erbrachten Pflichtleistungen.

Das Erstgericht stellte hinsichtlich des vertraglichen Verhältnis fest, dass die Arbeitgeberin im Wege eines bereits im Vorfeld mit der Beklagten (als Bauherrin) abgeschlossenen Rahmenvertrags die Sicherung der Baustelle, die Umsetzung des Sicherheitskonzepts, die Abstellung von örtlichen Baukoordinatoren und Nebenfahrtenleitern übernommen hat. Die Betriebsanweisungen für die Baustelle bekam die Arbeitgeberin von der Beklagten. Bei den Baukoordinatoren handelte es sich abwechselnd um Mitarbeiter der Beklagten und der Arbeitgeberin, wobei am Tag des Unfalls ein Mitarbeiter der Arbeitgeberin als Baukoordinator beschäftigt war. Die Baukoordinatoren wiesen die von der Arbeitgeberin abgestellten Mitarbeiter auf der Baustelle auf Basis des von der Beklagten erarbeiteten Sicherheitskonzepts ein. Es lag an der Beklagten, die örtlichen Baukoordinatoren einzuweisen.

Auf Grundlage dieser Feststellung kam das Erstgericht zu der Entscheidung, dass der Getötete beim Unfall im vertraglich übernommenen Aufgabenbereich seiner Arbeitgeberin tätig gewesen sei und somit Tätigkeiten durchgeführt habe, die seine Arbeitgeberin vertraglich übernommen gehabt habe. Er habe die betriebliche Sphäre seiner Arbeitgeberin nicht verlassen und sei daher nicht in das Unternehmen der Beklagten eingegliedert gewesen. Der Beklagten komme deshalb keine Haftungsbefreiung zugute.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung: Die Beklagte habe die Anzahl der Sicherungsposten und das Sicherungsobjekt bekannt gegeben, während die Arbeitgeberin die konkreten Personen ausgewählt und ihnen konkret gesagt habe, was zu tun sei. Selbst wenn man von einer für die Beurteilung der Eingliederung relevanten Weisungskette ausgehe, führten rein organisatorische Weisungen, etwa zu welchem Zeitpunkt und an welcher Stelle die Arbeiten vorzunehmen seien, nicht zu einer Eingliederung des Verletzten in den fremden Betrieb. Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Arbeitgeberin lediglich Sicherungsposten abzustellen gehabt hätte, sei der Beklagten der Nachweis nicht gelungen, dass der Getötete am Unfalltag in ihren Betrieb eingegliedert und ihren (unmittelbaren) Weisungen unterworfen gewesen sei.

Der OGH entschied, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt und führte wie folgt aus:

Maßgeblich ist, welche Leistungen die Arbeitgeberin aufgrund des mit der Beklagten abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags zu erbringen hatte (2 Ob 9/19s). Entscheidend ist demnach, ob die Arbeitgeberin vertraglich die Sicherung der Baustelle übernommen hatte und der Versicherte daher im Unfallzeitpunkt in deren Aufgabenbereich tätig war, oder ob sie nur die Verpflichtung übernommen hatte, Sicherungsposten (§§ 29 ff EisbAV) abzustellen, damit die Beklagte den ihr in § 26b EisbAV auch gegenüber Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber auferlegten Sicherungspflichten (selbst) nachkommen konnte. Dies ist jedoch jeweils im Einzelfall zu entscheiden und stellt somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502  Abs 1 ZPO dar (RS0084209 [T9]).

Im Übrigen wurde diese Frage von den Vorinstanzen anhand der Feststellungen unbedenklich gelöst: Dass – wie von der Beklagten vorgebracht – sich die Baukoordinatoren und die von der Arbeitgeberin abgestellten Sicherungsposten selbst an die Vorgaben der Beklagten in deren Sicherheitskonzept und an andere Sicherheitsvorschriften halten mussten, ändert, wie der Senat bereits in der Vorentscheidung 2 Ob 9/19s (insbesondere Pkt 4.1.3 mwN) klargestellt hat, nichts daran, dass für deren konkrete Umsetzung am Unfallstag die Arbeitgeberin und deren Mitarbeiter – darunter auch der getötete Arbeitnehmer – zuständig waren. Sohin bestehen keine Zweifel an der Beurteilung der Vorinstanzen. Die Eingliederung des Verstorbenen in das Unternehmen der Beklagten zum Unfallszeitpunkt (2 Ob 9/19s Pkt 4.4) konnte somit zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens bewiesen werden.

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