Zurückbehaltungsrecht nach Bekanntwerden von Mängeln trotz Bankgarantie

Zurückbehaltungsrecht nach Bekanntwerden von Mängeln trotz Bankgarantie

Wird ein Werkbesteller oder Käufer auf Bezahlung geklagt, kann dieser dem Werkunter-nehmer bzw. Verkäufer die Einrede des nicht erfüllten Vertrags auch bei Vorliegen ge-ringfügiger Mängel entgegenhalten, es sei denn, die Ausübung dieses Rechts artet zur Schikane aus.

Beim Kauf einer Eigentumswohnung bestanden bereits bei Übergabe zahlreiche Mängel. Bei Schluss der gerichtlichen Verhandlung in erster Instanz bestanden bei einer aushaftenden Forderung in Höhe von EUR 27.445,00 noch Mängel, deren Behebung EUR 4.012,00 kostet.

Wird ein Werkbesteller oder Käufer auf Bezahlung geklagt, kann dieser die Einrede des nicht erfüllten Vertrags auch bei Vorliegen geringfügiger Mängel entgegenhalten, außer dieses Recht wird schikanös ausgeübt (RS0020161). Beträgt der Verbesserungsaufwand rund 15 % des offenen Werklohns, ist Schikane jedenfalls zu verneinen (3 Ob 142/08s).

Der Haftrücklass oder die Haftrücklassgarantie sollen Gewährleistungsansprüche sichern. Solange ein Verbesserungsanspruch besteht, wird die Fälligkeit des Werklohns bzw Kaufpreises hinausgeschoben. Die Vereinbarung einer Haftrücklassgarantie hat darauf keinen Einfluss. Der Parteiwille ist regelmäßig allein darauf gerichtet, dass die Haftrücklassgarantie den Haftrücklass ersetzt, während sonst keine Veränderung der Rechtspositionen herbeigeführt werden soll (6 Ob 140/16f). Mit dem Haftrücklass soll in erster Linie eine Deckung für zunächst verborgene Mängel geschaffen und ein Hinausschieben der Endabrechnung im Hinblick auf allenfalls noch vorhandene, aber zunächst nicht erkennbare Mängel verhindert werden. Damit wird aber nicht automatisch auf das darüber hinausgehende Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers mangels Fälligkeit des Werklohns wegen Unterlassung einer Verbesserung des mangelhaften Werks verzichtet (RS0018128).

Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten ist somit bejahten. Dass der Beklagten mit Fälligstellung der letzten Kaufpreisrate (2% Haftrücklass), somit zu einem Zeitpunkt, als sie schon zahlreiche Mängel des Objekts gerügt hatte, eine entsprechende Haftrücklassgarantie übermittelt worden war, steht dem Zurückbehaltungsrecht nicht entgegen.

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