Streitigkeiten bei Ferienhaus – Rechtsschutzdeckung?

Streitigkeiten bei Ferienhaus – Rechtsschutzdeckung?

Die Anmietung eines Ferienhauses ohne Zusatzleistungen stellt keine Beherbergung dar und fällt somit nicht unter die „Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen“.

Der Kläger begehrt Deckung für die beabsichtigte Klagsführung auf Rückzahlung einer bereits geleisteten Zahlung für die Anmietung eines Ferienhauses. Die Vermieterin habe den bereits bezahlten Aufenthalt im Ferienhaus wegen behördlich verhängter Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie („Lockdown“) storniert. Der Versicherungsfall sei laut Kläger vom – in der Rechtsschutzpolizze des Klägers enthaltenen – allgemeinen Vertragsrechtsschutz gemäß Art 23 2.1.2. ARB 2018 „Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen“ erfasst.

Nach dem Vorbringen des Klägers erfolgte die Miete des Ferienhauses ohne darüberhinausgehende Zusatzleistungen.

Relevante Bestimmungen der ARB

Artikel 23 Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz

2. Was ist versichert?

2.1 Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus

2.1.2 schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen,

Artikel 24 Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete

Der Versicherungsschutz umfasst je nach Vereinbarung

-das in der Versicherungsurkunde bezeichnete Grundstück, Gebäude (Gebäudeteil) oder Wohnung, das ausschließlich den eigenen Wohn- oder Betriebszwecken dient (selbstgenutztes versichertes Objekt)

OGH-Entscheidung

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, ist für den hier zu beurteilenden Deckungsumfang entscheidend, dass der Vertrag im weitesten Sinn eine bewegliche Sache „betrifft“. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist von einem schuldrechtlichen Verhältnis dessen realer Gegenstand „betroffen“ (vgl 7 Ob 66/83; RS0008869; RS0128752). Ein Vertrag über ein Nutzungsrecht an einer unbeweglichen Sache „betrifft“ daher nicht das Nutzungsrecht, sondern die unbewegliche Sache (RS0008869).

Bewegliche Sachen sind Gegenstände, die ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden können (§ 293 ABGB). Dazu zählen in der Regel auch Rechte (§ 298 ABGB). Zwar gelten Rechte grundsätzlich als beweglich, selbst dann wenn sie verbüchert sind (vgl 7 Ob 17/13w mwN). Daraus ist aber für den Kläger hier nichts gewonnen, weil nicht die Einordnung eines Rechts als solches entscheidend ist, sondern der Vertragsgegenstand, den das (grundsätzlich bewegliche) Recht betrifft. Das lässt sich auch mit dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers vereinbaren, der die Formulierung „über“ als Definition des Gegenstands des Vertrags verstehen und sich weniger der Einordnung eines Rechts als beweglich bewusst sein wird.

Damit bleibt die Frage zu lösen, ob der Vertragsgegenstand – nach dem Vorbringen des Klägers die Miete eines Ferienhauses, offenbar ohne darüberhinausgehende Zusatzleistungen – eine bewegliche oder eine unbewegliche Sache betrifft.

Beim typischen Beherbergungsvertrag steht die Unterbringung im Vordergrund, daneben kommt aber auch der Verpflegung und weiteren Leistungen des Beherbergungsbetriebs wie etwa der Reinigung oder der Zurverfügungstellung von Freizeiteinrichtungen keine unwesentliche Bedeutung zu. Ein solcher Beherbergungsvertrag unterscheidet sich damit ganz erheblich von einem (klassischen) Miet- oder Pachtvertrag (1 Ob 131/13s mwN). Der „klassische“ – in der Regel auf längere Zeit als die Dauer eines Urlaubs abgeschlossene – Bestandvertrag fällt nach eindeutigem Bedingungswortlaut unter den Rechtsschutzbaustein des Art 24 „Schutz für Grundstückseigentum und Miete“. Dieser Rechtsschutzbaustein stellt auf das in der Versicherungsurkunde bereits bezeichnete Grundstück, das Gebäude oder die Wohnung ab und kann Kurzzeitmietverträge über eine Beherbergung im Urlaub bereits deshalb nicht erfassen, weil der Ort dieser Beherbergung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Regel noch nicht feststeht.

Ein gemischter Vertrag über eine Beherbergung betrifft sowohl die Komponente der Anmietung einer unbeweglichen Sache als zumeist auch Komponenten wie etwa Reinigung, Verpflegung oder die Benutzung weiterer Freizeiteinrichtungen, also auch bewegliche Sachen und kann daher vom Allgemeinen Vertragsrechtsschutz grundsätzlich erfasst sein. Nach dem Klagsvorbringen ist hier ausschließlich die Anmietung einer unbeweglichen Sache gegenständlich. Ein Beherbergungsvertrag liegt demnach nicht vor.

Anmerkung

Spannend bleibt, ab wann bei einem Ferienhaus ein Beherbergungsvertrag vorliegt, also welche Zusatzleistungen dafür ausreichend sind. Genügt bereits die Endreinigung durch den Vermieter oder die Lieferung von frischem Frühstücksgebäck? Oder muss es eine weitere Infrastruktur des Vermieters geben, wie zB ein Wellnessbereich oder eine Möglichkeit, Essen zu gehen?

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