Das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung hat bei Geruchsemissionen nicht das Vorliegen einer behördlich genehmigten Anlage gem. § 364a ABGB zur Folge

Das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung hat bei Geruchsemissionen nicht das Vorliegen einer behördlich genehmigten Anlage gem. § 364a ABGB zur Folge

Das novellierte Stmk BauG sieht nur einen gewissen, eingeschränkten Immissionsschutz für Nachbarn vor, sodass auch nach Vorliegen einer Baubewilligung (hier: für einen Rinderlaufstall) nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche gem § 364 Abs 2 ABGB zulässig sind (RS0128980).

Im konkreten Fall handelt es sich bei den Klägern um die Inhaber eines Wohnungsgebrauchsrechtes an einer Liegenschaft samt Haus in einer ländlichen Gemeinde in der Steiermark. Bei dem Beklagten handelt es sich um den Eigentümer einer unmittelbar benachbarten Liegenschaft auf der sich ein zur Rinderhaltung genutzter Stall befindet. In der Nähe des Hauses der Kläger befinden sich einige weitere Viehwirtschaften.

Auf dem Grundstück des Beklagten kommt es ausgehend vom Tierbestand, vom Festmistlager sowie von der Güllegrube zur Geruchsbildung, die von den Klägern auf dem von ihnen bewohnten Grundstück wahrnehmbar ist. Der Stall wurde durch den Beklagten ab 2011 auf die nun vorliegende Form (um-)gebaut. Die Baubewilligung dafür wurde nach mehreren Rechtsgängen letztlich im Jahr 2015 erteilt.

In ihrer Klage begehren die Kläger vom Beklagten gestützt auf § 364 Abs 2 ABGB sämtliche von dessen Grundstück ausgehende und auf das von den Klägern bewohnte Grundstück einwirkende Geruchimmissionen, die laut Ihnen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten zu unterlassen. Diese Immissionen führen laut den Klägern dazu, dass die ortsübliche Nutzung des von ihnen bewohnten Grundstücks beeinträchtigt wird Der Beklagte wandte dagegen insbesondere ein, dass von seinem Stall keine wesentlich beeinträchtigende Geruchsbelastung ausgehe, sondern der Wohnort der Kläger stark ländlich geprägt sei und das Auftreten landwirtschaftlicher Gerüche daher als ortsüblich anzusehen ist. Weiters sei infolge der vorliegenden Baubewilligung von einer behördlich genehmigten Anlage iSd § 364a ABGB auszugehen.

Das Klagebegehren wurde durch das Erstgericht abgewiesen, da die Kläger bereits im umfassenden Bauverfahren des Beklagten beginnend mit 2011 Parteistellung hatten und dabei die von der Zuchttierhaltung ausgehenden Immissionen genau geprüft wurden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung zurück. Es habe das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung noch nicht das Vorliegen einer behördlich genehmigten Anlage gem. § 364a ABGB zur Folge, daran ändere auch die Novellierung des steiermärkischen BauG nichts.

Da landwirtschaftliche Tierhaltungsbetriebe keine gemeinwichtigen Anlagen seien, müsste die Verfahrensbeteiligung der Nachbarn besonders stark ausgebaut sein damit die Baubewilligung „Sperrwirkung“ entfalte. Dies sei aber hier nicht der Fall. Im Katalog der abschließend aufgezählten Nachbarrechte finde sich kein umfassender Immissionsschutz. Die Bauvorschriften böten daher keinen dem privaten Nachbarrecht vergleichbaren Immissionsschutz, sodass die Kläger einen zivilrechtlichen Anspruch geltend machen könnten.

Der Rekurs an den OGH wurde in weiterer Folge zugelassen.

In seiner Begründung knüpft der OGH an seine bereits stetige Rechtsprechung zum Stmk BauG an welches jedoch in der Zwischenzeit novelliert wurde.

§ 95 Abs. 1 Stmk BauG ordnet an, dass landwirtschaftliche Betriebsanlagen so zu planen und auszuführen sind, dass die NachbarInnen oder öffentliche Einrichtungen wie z.B. Schulen, Krankenanstalten etc. durch Lärm, Rauch, Staub, Geruch etc. nicht unzumutbar bzw. das ortsübliche Ausmaß übersteigend belästigt werden. In der Referenzbestimmung § 74 Abs. 2 Z 2 GewO heißt es, dass gewerbliche Betriebsanlagen nur mit der Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden dürfen, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen oder Geräten dazu geeignet sind die „die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.

Der Nachbarbegriff und die gesetzliche Geltendmachung der Nachbarrechte geht gem § 75 GewO um einiges weiter als im Stmk BauG wo diese nach wie vor Grundeigentümer sein müssen. Zusätzlich sind diese durch § 26 Stmk BauG beschränkt und Grundeigentümer können gem. § 13 Abs. 12 Stmk BauG nur größere Abstände zu einem landwirtschaftlichen Betrieb fordern. Alleine deshalb ist eine Verneinung der Anwendung von § 364a ABGB laut dem OGH konsequent.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem er die Widerherstellung des Ersturteils anstrebt. Der Beklagte macht im Rekurs geltend, dass die Kläger im Baubewilligungsverfahren umfassend Parteistellung gehabt hätten, dies insbesondere auch hinsichtlich zur Frage der Geruchsimmissionen und der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung. Dem Rekurs kommt laut dem OGH keine Berechtigung zu. Er führte aus, dass bei der Bestimmung des § 364a ABGB der Gesetzgeber in erster Linie die Genehmigung einer Betriebsanlage im Auge hatte und diese dann nicht anzuwenden, wenn nur eine baubehördliche Genehmigung für eine Anlage vorliegt denn die privatrechtlichen Beziehungen werden von ihr nicht geregelt (RS0010503; RS0010685).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die vom Beklagten verursachten Geruchsimmissionen nicht von einer behördlich genehmigten Anlage iSd § 364a ABGB ausgehen, ist daher zutreffend. Dem Rekurs der Beklagten ist nicht Folge zu geben und die nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche der Kläger gem. § 364 Abs 2 ABGB sind zulässig.

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