Nachbarrechtlicher Unterlassungsanspruch bei reflektierender Photovoltaikanlage

Nachbarrechtlicher Unterlassungsanspruch bei reflektierender Photovoltaikanlage

Das Vorhandensein vieler Photovoltaikanlagen in der Gemeinde sagt nichts darüber aus, ob es auch zu vergleichbaren Blendwirkungen auf Wohnungen kommt. Es kommt nicht auf die Ortsüblichkeit der emittierenden Anlagen, sondern nur auf die Ortsüblich-keit der Emissionen an.

Der Kläger ist Eigentümer einer nach Süden ausgerichteten Wohnung mit Terrasse, die eine raumhohe verglaste Fensterfront aufweist. Die Beklagten sind Miteigentümer des südlich dieser Wohnung gelegenen Hauses, auf dessen Dach die Beklagten eine Photovoltaikanlage errichten ließen. Die Photovoltaikanlage reflektiert vom Frühjahr bis zum Spätsommer zur Wohnung des Klägers hin Sonnenlicht.

Der Kläger begehrte in Folge gerichtlich die Unterlassung der Blendwirkung, die vom Dach des Gebäudes der Beklagten ausging.

Entscheidung des OGH

Ein Recht auf Untersagung besteht dann, wenn die auf die benachbarte Liegenschaft wirkenden Einflüsse einerseits das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen und zugleich die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft wesentlich beeinträchtigen, wobei die örtlichen Verhältnisse in beiden Belangen zu beachten sind (RS0010587). Ob eine Einwirkung das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigt und die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft wesentlich beeinträchtigt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen (RS0010558).

Maßgeblich ist nicht das subjektive Empfinden des sich gestört fühlenden Nachbarn, sondern das eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des durch die Einwirkungen Betroffenen befindet (RS0010607).

Nicht nur die Dauer der Immissionen bildet ein Kriterium für die Beurteilung der ortsüblichen Benutzung der Liegenschaft. So nimmt im vorliegenden Fall die Lichtreflexion ein derartiges Ausmaß an, dass schon einige Sekunden direkter Betrachtung ausreichen um massive Augenschäden zu bewirken.

Ein öffentliches Interesse an der Erzeugung von Solarstrom rechtfertigt nicht die Zulässigkeit von unmittelbaren Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, wenn die Beeinträchtigung nicht notwendig mit dem Betrieb der Anlage verbunden ist und überdies nicht erkennbar ist, dass die Anlage nicht auch ohne die über das gewöhnliche Maß hinausgehenden störenden Einwirkungen auf die Nachbarliegenschaft betrieben werden kann (7 Ob 192/09z; RS0010680).

Was auf einem einzigen Grundstück in der Gemeinde herkömmlich ist, muss noch nicht ortsüblich sein (RS0010672). Die „örtlichen Verhältnisse“ sind weiträumiger zu verstehen: Es geht um Gebiets- oder Stadtteile mit annähernd gleichen Lebens- und Umweltbedingungen (5 Ob 65/03z).

Das Vorhandensein vieler Photovoltaikanlagen in der Gemeinde sagt außerdem nichts darüber aus, ob es auch zu vergleichbaren Blendwirkungen auf Wohnungen kommt. Es kommt nicht auf die Ortsüblichkeit der emittierenden Anlagen, sondern nur auf die Ortsüblichkeit der Emissionen an (2 Ob 252/04d).

Die Beurteilung der Zumutbarkeit allfälliger eigener Abwehrmaßnahmen hat in diesem Fall auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten hier durch unsachgemäßes Vorgehen den Zustand geschaffen haben, der zur wesentlichen Beeinträchtigung des Klägers geführt hat (RS0110784).

Die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Unterlassungsbegehrens begehrte, war in Folge abzuweisen. Die Beklagten waren deshalb verpflichtet, die vom Dach ihres Gebäudes ausgehende Blendwirkung (Lichtreflexion und Spiegelung) über das zulässige Ausmaß hinaus zu unterlassen.

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