Architektenhaftung bei eingeschränktem Planungsvertrag

Architektenhaftung bei eingeschränktem Planungsvertrag

Eine Einreichplanung ist keine geeignete (alleinige) Grundlage für die Bauausführung. Sachverhaltsbezogen keine (Mit-)Haftung des Architekten für Baumängel, auch wenn die Bauführung auf Basis der Planung des Architekten erfolgte.

Der dieser Entscheidung zugrundeliegende historische Sachverhalt ist in seinem chronologischen Ablauf, der sich über rund vier Jahre hinzog, recht kompliziert und verworren, weil es mehrere Auftragsunterbrechungen bzw. im Geschäftsverhältnis zwischen der Klägerin (einer erfahrenen Bauherrin) und der Erstbeklagten (Architektengesellschaft) im Verlauf der Zusammenarbeit Aufträge mit unterschiedlichem Leistungsinhalt gab.

Der „letztgültige“ Auftragsumfang umfasste

  • die Erstellung des Vorentwurfes und des Entwurfes für den sogenannten „Wohnbautisch“ bei der Förderstelle (zur Erlangung einer Förderung nach dem Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993) und
  • die Einreichung im Anzeigeverfahren samt Behördenwegen und Erstellung des Energieausweises, wobei diese Teilleistung etwa vier Jahre nach der ursprünglichen Beauftragung in die Erstellung einer Einreichplanung für die Erlangung einer (herkömmlichen) Baubewilligung geändert wurde.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 erteilte die Förderbehörde dem Kläger die Förderzusicherung und am 20. Februar 2014 erteilte die Baubehörde dem Kläger die Baubewilligung, jeweils auf Grundlage der von der Erstbeklagten erstellten Unterlagen.

Die Erstbeklagte übermittelte dem Kläger den Einreichplan sowie zahlreiche andere Pläne (welche als „Polierpläne“ bezeichnet waren) und diverse andere Detailpläne. Diese Polier- und Detailpläne waren im Detail zwar mangelhaft (ungenau), reichten aber für die Erteilung der Förderzusicherung als auch die Erteilung der Baubewilligung aus.

Der Kläger stellte den von ihm beauftragten Werkunternehmern diese Pläne, die die Erstbeklagte für die Förderstelle verfasst hatte sowie eine Vorversion der (ursprünglichen) Einreichunterlagen, nicht jedoch den letztgültigen Einreichplan vom 23. August 2013 zur Verfügung. Letzterer wurde den Unternehmern – mit Ausnahme jenes, den der Kläger mit der ÖBA beauftragt hatte ‑  auch nicht auf andere Weise zugänglich gemacht. Der Kläger ist ein sehr erfahrener Bauherr, weshalb er auch wusste, dass es sich bei den sogenannten Polier- und Detailplänen der Erstbeklagten um keine Ausführungspläne handelte.

Der Kläger begehrte in weiterer Folge, gestützt auf zahlreiche im Einzelnen dargelegte Planungsfehler die Feststellung der Haftung der Erstbeklagten (zur ungeteilten Hand mit verschiedenen anderen Beklagten, die die entsprechenden Arbeiten ausgeführt haben) für alle künftigen Schäden aus diesen Planungsfehlern. Weiters begehrte der Kläger von der Erstbeklagten und weiteren Beklagten die Zahlung von EUR 12.760,00 an Kosten für ein von ihm zur Abklärung von Mängeln des Bauvorhabens eingeholten Sachverständigengutachten. Das Erst- und Berufungsgericht gaben dem Klagebegehren jeweils in unterschiedlichem Umfang statt.

In ihrer außerordentlichen Revision machte die Erstbeklagte insbesondere geltend, dass die von ihr auftragsgemäß erstellten und dem Kläger übergebenen Pläne nicht mangelhaft seien, weil sie nicht zur Verwendung als Ausführungsplanung und auch nicht zur Übergabe an die ausführenden Professionisten gedacht gewesen seien, sondern nur zur Erlangung der Förderzusage (bzw. der Baubewilligung); das gelte auch für die von ihr erstellten Detailpläne.

Zunächst hielt der OGH entsprechend der ständigen Rechtsprechung fest, dass ein, einem Architekten erteilter Auftrag nur zur Herstellung von Bauplänen als Werkvertrag zu qualifizieren ist.

Zwar wies die (Einreich-)Planung der Erstbeklagten einige Fehler/Ungenauigkeiten auf, die der vom Erstgericht beigezogene Bausachverständige als Mängel beurteilte. Bei der rechtlichen Beurteilung, ob die Erstbeklagte ihre Leistung mangelfrei erbracht hat oder für von ihr zu vertretende Planungsfehler schadenersatzrechtlich einzustehen hat, ist allerdings nicht nur darauf abzustellen, ob die Planung aus technischer Sicht Fehler aufwies. Vielmehr kann […] die Frage, ob die Revisionswerberin ihr Werk mangelhaft erbracht hat, nicht losgelöst von dem ihr konkret erteilten Auftrag beurteilt werden. Eine Leistung ist nämlich nur dann mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem geschuldeten, das heißt dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (2 Ob 206/16g). Der OGH führte aus, dass entgegen der Ansicht der Vorinstanzen, somit bei Beurteilung der Haftung nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Beklagte vom Kläger letztlich ausschließlich mit der Erstellung von Plänen zur Erlangung der Förderzusage sowie der Baubewilligung beauftragt wurde; beide Ziele wurden erreicht.

Bei dieser Gelegenheit führte der OGH (erneut) aus, dass im gegebenen Zusammenhang wesentlich ist, dass eine bloße Einreichplanung von vornherein keine geeignete (alleinige) Grundlage für die Bauausführung sein kann. Für den Kläger ist auch daraus nichts zu gewinnen, dass die Erstbeklagte ihn nicht ausdrücklich auf diesen Umstand aufmerksam machte, weil er dies als erfahrener Bauherr ohnehin wusste. Daher sprach der OGH aus, dass ein Schadenersatzanspruch des Klägers gegenüber der Erstbeklagten aufgrund der festgestellten Fehler der Planung, die das Erreichen ihres Zieles, nämlich der Erlangung der Förderzusage und Baubewilligung nicht hinderten, von vornherein ausgeschlossen ist. Da die Planung der Erstbeklagten in Bezug auf ihren vereinbarten Zweck als mängelfrei zu werten ist, ist sowohl das Feststellungs- als auch das Zahlungsbegehren gegenüber der Erstbeklagten zur Gänze abzuweisen.

Der OGH stellt bei seine Entscheidung ganz stark das konkrete bzw. implizit vereinbarte Vertragsziel (Erlangung einer Baubewilligung bzw. Förderzusage) in der Vordergrund. Kritisch anzumerken ist, dass die Einreichplanung nicht den alleinigen Zweck hat, eine Baubewilligung zu erhalten, sondern dass diese typischerweise auch Grundlage der weiterführenden Planungen (Ausführungsplanung, Detailplanung, usw) und auch Grundlage eines den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Bauwerkes sein soll. Fehlt nämlich eine Detailvereinbarung über die Art und Weise der Werkerstellung (=die Architektenplanung), so ist – so der OGH in vorangehenden Entscheidungen ‑ das Werk nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung so auszuführen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (3 Ob 143/12v).

zurück