Bucheinsicht – Verschwiegenheitsverpflichtung der Parteienvertreter

Bucheinsicht – Verschwiegenheitsverpflichtung der Parteienvertreter

Rechtsanwalt und Steuerberater eines Gesellschafters sind nicht verpflichtet, gegenüber der Gesellschaft eine Verschwiegenheitserklärung mit einer Pönale zu unterschreiben.

Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co KG sieht ein volles Einsichtsrecht in die Geschäftsunterlagen und das Rechnungswesen der Gesellschaft vor sowie das Recht bei Mitarbeitern und Mitgesellschaftern Auskünfte einzuholen. Die Gesellschaft gewährte einer Kommanditistin grundsätzlich ein Bucheinsichtsrecht. Deren Steuerberater und Rechtsanwalt hätten jedoch Verschwiegenheitserklärungen gegenüber der Gesellschaft unterschreiben müssen, in welcher eine Pönale von € 50.000,- pro Verstoß enthalten war. Der Rechtsanwalt und Steuerberater verweigerten diese Unterschrift, weshalb sie nicht zu der Bucheinsicht zugelassen wurden. Die Kommanditistin durfte die Bucheinsicht alleine vornehmen und den vor der Tür wartenden Rechtsanwalt und Steuerberater nur einzelne Belege zeigen. Das sofortige Anfertigen von Fotokopien wurde verweigert. Die Einholung von Auskünften von Mitarbeitern wurde auf schriftliche Fragen und Antworten beschränkt.

Die Kommanditistin hat einen Antrag auf Gewährung von Bucheinsicht im Außerstreitverfahren eingebracht. Das Oberlandesgericht Wien hat die Gewährung der Bucheinsicht bestätigt. Die GmbH & Co KG hat das Bucheinsichtsrecht der Kommanditistin verletzt. Die Aufklärungen und Auskünfte durch Mitarbeiter hätten sofort erteilt werden müssen. Es hätten mündliche Fragen an die Mitarbeiter gerichtet werden dürfen. Das sofortige Anfertigen von Kopien hätte zugelassen werden müssen. Eine Einschränkung des Bucheinsichtsrechts ist nur bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Gesellschaftsinteressen zulässig.

Zur Frage der Begleitung durch den Rechtsanwalt und Steuerberater sowie zur Frage, ob diese eine Verschwiegenheitsverpflichtung mit einer Pönale unterschreiben müssen, hat das Oberlandesgericht Wien ausgesprochen, dass es zwar richtig ist, dass Rechtsanwalt und Steuerberater nicht automatisch gegenüber der Gesellschaft der Verschwiegenheit unterliegen, sondern nur gegenüber dem eigenen Mandanten. Der Gesellschafter als Klient des Rechtsanwalts und Steuerberaters ist jedoch für die Handlungen des Rechtsanwalts und Steuerberaters verantwortlich. Er haftet für einen allfälligen Missbrauch. Die Informationsweitergabe kann außerdem nur dann erfolgen, wenn der Gesellschafter den Rechtsanwalt bzw Steuerberater von seiner Verschwiegenheit entbindet. Die Zulassung von Rechtsanwalt und Steuerberater zur Bucheinsicht unter der Bedingung, dass diese eine Verschwiegenheitserklärung mit einer hohen Pönale unterschreiben, stellt daher eine Verletzung des Bucheinsichtsrechts dar. Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts und Steuerberaters darf außerdem nicht über jene des Gesellschafters hinausgehen.

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